Academy Awards 2012 – Die Show

Montag morgen, 5:45 Uhr war sie leider schon wieder vorbei, die 84. Oscarverleihung.
Doch zurück auf Anfang. Mit dem alt eingesessenen Host Billy Crystal sollte die Show nach 2,3 schwachen Jahren endlich wieder zur alten Stärke auflaufen.

Doch zunächst bekam man es auf „Pro Sieben“ zwar mit der blanken Angst zu tun, denn die ersten 3 Worte des Abends wurden simultan von einem Übersetzer (es hörte sich nach Steven Gätjen an) ins Deutsche übersetzt. Doch der Schock war nur von kurzer Dauer, denn danach war Ruhe um deutschen Karton und man konnte ungestört dem Oscar-O-Ton lauschen. Gott sei Dank.

Die Wiederbelebung der Veranstaltung gelang dafür direkt von Beginn an vortrefflich gut. Allein der Opener, der Crystal in diversen Szenen von nominierten Filmen zeigt strapaziert die Lachmuskeln bereits arg. Und das war erst der Anfang. Crystal schloss an das Spaß-Video mit einer famoes Eröffnungsrede und einem kleinen Ständchen an, in dem er scherzhaft weiter auf die nominierten Filme und Schauspieler eingeht.

This is my ninth time hosting the Oscars. So tonight, call me „War Horse“

Bereits so früh zu Beginn zeigt sich, was einen guten Oscarmoderator auszeichnet, denn spielend werden Anne Hathaway und James Franco in die Tasche gesteckt. Und auch die einstudierten Späße von Alec Baldwin und Steve Martin von vor zwei Jahren übertrumpft Crystal spielend, denn er wirkt jederzeit Spontan, auch wenn wahrscheinlich nur wenig spontan überlegt ist. Crystal ist locker aber trotzdem auch an den richtigen Stellen angemessen zurückhaltend und hat seine Späße perfekt getimed denn wirklich jeder trifft ins Schwarze.
Tagesaktuell gab es auch diverse Schelten gegen die Namensprobleme des einstigen „Kodak Theaters“ in dem die Veranstaltung stattfindet, welches nach der Pleite des Konzerns nun einen anderen Namen benötigt („We’re here at the beautiful Chapter Eleven Theater“).

Im weiteren Verlauf des Abends lockert Billy an den richtigen Stellen den Abend auf, betätigt sich als Gedankenleser wobei vor allem Nick Nolte sein Fett weg bekommt. Eine schöne Zusammenstellung seiner besten Szenen bekommt man auch dieses Jahr wieder auf der offiziellen Oscar-Webseite.

Aber auch die Laudatoren versuchten sich gegenseitig zu überbieten. Kaum jemand stand dieses Jahr ohne gelungenen Act auf der Bühne. Besonders stark war Sandra Bullock, die den Oscar für „Best Foreign Language Film“ in Chinesisch präsentieren sollte und dabei warnte, dass ihr chinesisch durch ihre deutsche Mutter einen leichten Deutschen Akzent hätte. Heraus kam ein kurzer Zweizeiler, komplett auf Deutsch. Als Deutscher Zuschauer natürlich eine großartige Szene aber auch die Stars im ehemaligen Kodak-Theater waren begeistert.
Ein ungewöhnliches aber nichts desto trotz sehr starkes Duo waren Emma Stone und Ben Stiller. Stiller, der die letzten Jahre für seine schrillen Auftritte bekannt war (z.B. komplett als Figur aus „Avatar“ verkleidet), spielte die komplette Rede als unbedeutend herunter, während Emma völlig begeistert war, da dies ihre erste Oscar-Präsentation war.
Ähnlich gegensätzlich gaben sich auch Robert Downey Jr. zusammen mit Gwyneth Paltrow bei der Vergabe der Doku-Oscars. RDJ. hatte ein Kamerateam dabei für eine spontane Live-Dokumentation.

Preistechnisch gab es dieses Jahr nur wenige Überraschungen. 14 unserer 20 abgegebenen Tipps hier bei Moviegeek waren korrekt. Überraschend war allerdings irgendwie doch der Gewinn von Meryl Streep in ihrer Rolle als „The Iron Lady“.
Streep, die oft nominiert wird (17 mal) aber dann doch eher selten gewinnt (3 mal inkl. letzte Nacht), nimmt nun ausgerechnet für eine Performance die zwar gut war aber nicht bahnbrechend und zudem mehr vom Drehbuch gesegnet war als von ihrem Schauspiel, einen Oscar mit nach Hause.
Der Gewinn war allerdings bereits während der Verleihung abzusehen, als „The Iron Lady“ überraschend den Make-Up Oscar einsackte den eigentlich „Albert Nobbs“ verdient hatte, in welchem als Glenn Close ein Mann geschminkt wird. Naja, Schwamm drüber. Dafür war Streeps Dankesrede sehr gelungen, da sie auch auf das eingingen was viele Zuschauer dachten:
When they called my name I had this feeling I could hear half of America going: „OH NO, oh come on why her, again“. But, you know, whatever.

Zwischen all den Witzen von Billy und der Verleihung der Preise gab es auch immer wieder kleine Einspieler, die einige Stars vor einer schwarzen Wand zeigten wie sie darüber reden welchen Film sie als Kind zuerst gesehen hat, wieso sie Filme lieben oder wie sie zum Film gekommen sind. Diese Einspieler wirkten ehrlich, hatten Humor und viele interessante Teilnehmer. Eine gute Idee.

Wie jedes Jahr zog sich die letzte Dreiviertelstunde der Verleihung wieder etwas in die Länge. Die letzten 6,7 Oscars wurden mit ständigen Werbepausen derartig auseinandergezogen, das man sich wieder mal fragte ob das Ganze nicht doch mehr eine Werbesendung ist. Doch so herzlich und witzig sind Werbesendungen ja dann doch eher nicht.

Wie zu Beginn geschrieben, war die Veranstaltung gegen 5:45 zu Ende. Der Best Picture Award wirkte zum Schluss, wie jedes Jahr, etwas gehetzt und ob Tom Cruise nun der richtige ist diesen Preis zu verleihen sei auch mal dahingestellt. Ich mag Tom Cruise und liebe fast alle seine Filme, aber eine Persönlichkeit wie Tom Hanks wirkt eben doch irgendwie passender als Verleiher dieser wichtigen Trophäe. Wirklich was zum Award gesagt, hat Cruise zudem auch nicht.

Alles in allem war es wieder eine sehr gelungene Nacht und die Wartezeit bis nächstes Jahr fällt bereits heute schwer. Naja, immerhin tröstet die Aufnahme der Verleihung erst einmal darüber weg. Bis zum nächsten Jahr!