Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger
Originaltitel: Life of Pi – Erscheinungsjahr 2012 – Regie: Ang Lee
Darsteller: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Ayush Tandon, Gautam Belur, Adil Hussain, Tabu, Ayan Khan, Mohd Abbas Khaleeli, Vibish Sivakumar, Rafe Spall, Gérard Depardieu, James Saito
Filmkritik: Pi Patel ist der Sohn eines indischen Zoodirektors. Eine Katastrophe führt dazu, dass er mitten auf dem Ozean, abgeschnitten von der Außenwelt, in einem Rettungsboot dahintreibt. Dieses teilt er sich mit dem einzigen anderen Überlebenden: einem furchteinflößenden bengalischen Tiger namens Richard Parker, zu dem er eine wundersame und unerwartete Verbindung aufbaut.
Pi nutzt seinen ganzen Einfallsreichtum, um den Tiger zu trainieren, seinen Mut, um den Elementen zu trotzen, und schlussendlich seinen Glauben, um die Kraft aufzubringen, sie beide zu retten. Die schicksalhafte Reise des Teenagers wird dabei zunehmend ein episches Abenteuer voller gefährlicher Entdeckungen und Erlebnisse.
Die Trailer zu „Life of Pi“ können den Eindruck eines Kammerspiels auf hoher See vermitteln. Ein Junge auf einem Rettungsboot muss nicht nur der Umwelt trotzen sondern auch einem Tiger, der sich beim Sinken des Frachtschiffes zusammen mit ihm auf das Boot gerettet hat. Der dazugehörige Film aber offenbart direkt zu Beginn, das „Life of Pi“ viel mehr ist als ein simples Kammerspiel.
„Life of Pi“ ist eingebettet in einen Dialog der in der Gegenwart, in Kanada stattfindet, Ein Autor sucht Inspiration für ein neues Buch und sucht dafür Pi Patel auf, der eine faszinierende Geschichte zu erzählen hat, so sagt man zumindest. Im Laufe dieses Gesprächs erzählt Pi dem Autor seine Lebensgeschichte. Wie er seinen Namen bekam, was seine Eltern gemacht haben und wie er schließlich auf dem Rettungsboot mit dem Tiger endete.
Blendet der Film zunächst noch recht häufig zwischen Gegenwart und Erzählung hin und her, spart sich Regisseur Ang Lee diese Schwenks mit fortschreitender Spielzeit und damit eingehergehender Intensivierung der Story.
Bereits Teile der Erzählung vor dem Schiffbruch erscheinen etwas exaltiert. Da geht es um den Onkel von Pi, der einen riesigen Oberkörper und nur sehr dünne Beine hat und teilweise entsprechend wie eine Figur aus einem Märchen ausschaut. Ausgerechnet der Handlungsteil nach dem Schiffbruch, erscheint für den Zuschauer dann allerdings immer plausibler, dabei sind gerade hier viele Szenen, bei denen man den Glauben an die Realität doch das eine oder andere Mal verliert.
Ang Lee verpackt die Überlebensgeschichte von Pi Patel in atemberaubend schönen Bildern. Dabei ist es zwar stellenweise Schade, dass er sehr intensiven Gebrauch von Computergenerierten Sets macht und die Szenen auf Hoher See zumeist nicht so bedrohlich wirken wie z.B. bei „Titanic“, doch das was Ang Lee versucht zu vermitteln bekommt er mit diesen Mitteln einfach perfekt hin. Denn so erzeugt er ein wundervolles Farbenspiel, welches den Zuschauer eines ums andere Mal in Staunen versetzt. Beispielhaft sei hier nur eine Szene herausgepickt, bei der ein Schwarm Quallen blau leuchtend unter Pis Rettungsboot schwimmen und die romantisch anmutende Sequenz jäh von einem direkt daneben auftauchenden Blauwal unterbrochen wird. Ang Lee versteht sein Handwerk einfach, eine Szene Kraftvoll zu inszenieren.
Der Twist im Finale des Films war hingegen unvermeidlich, wurde doch bereits zu Beginn des Films erklärt, dass es sich um „a story that would make me believe in God“ handelt. Dementsprechend rückt Ang Lee am Ende die Gesetze der Realität wieder in korrekte Bahnen und offenbart eine zweite Erzählweise der Geschichte. Wer nun was glaubt überlässt er hingegen dem Zuschauer selbst.
„Life of Pi“ ist eine faszinierende Geschichte, die sich sehr oft wie ein modernes Märchen anfühlt. Die Verwurzlung der Geschichte mit dem Dialog in der Gegenwart, nimmt der zunächst seltsam anmutenden Filmprämisse etwas den Schrecken und gibt der Erzählung die dringend benötigte Leichtigkeit. Zudem bekommt der Film durch Irrfan Khan als erwachsenem Pi und seine beruhigende Erzählstimme eine ganz besondere Atmosphäre mit auf den Weg. Wer für 120 Minuten in eine andere Welt abtauchen will, der ist bei „Life of Pi“ an der richtigen Adresse.
Filmbewertung: 8/10
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