Ex Drummer

Ex Drummer
Originaltitel: Ex Drummer Erscheinungsjahr:2007 – Regie: Koen Mortier

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Darsteller: Dries Van Hegen, Norman Beart, Gunter Lamoot, Sam Louwyck, Francois Beukelaers, Bernadette Damman

Filmkritik: Ex Drummer ist ein unglaublich aufwühlendes Stück Film von unseren belgischen Nachbarn. Wenn ich es nicht besser wissen würde, hätte ich den Film ohne nachzudenken in die nordeuropäische Ecke gesteckt. Aber wenn die Belgier nun so mit Filmemachen anfangen, bin ich gespannt was da noch kommt.

Der Film zeigt die absolute Unterschicht Belgiens. Eine Band mit 3 Leuten die den Bodensatz der Belgier darstellen müssen. Der Sänger lispelt, zertrümmert telefonierenden „Schlampen“ den Schädel mit einem Backstein und fickt die glatzköpfige Mutter seines schwulen Bandkollegen, der einen steifen Arm hat. Der Vater des Kollegen bzw. Ehemann der Glatzköpfigen ist krank und ans Bett drapiert weil er sonst Amok laufen würde. Der dritte in der Band ist ein fast tauber Gitarrist der seine Frau verprügelt und seine kleine Tochter im Dreck der eigenen Wohnung verkommen lässt. Die drei haben keinen Schlagzeuger in ihrer Band und versuchen ihr Glück beim „In“-Schriftsteller Dries, der auch ein guter Schlagzeuger sein soll, hat zumindest die glatzköpfige Mutter in der Zeitung gelesen. Dries lebt isoliert vom Elend auf den Straßen in einem sterilen Apartment zusammen mit seiner Freundin und schiebt dann und wann auch mal gerne einen Dreier mit der Tochter des Gesundheitsministers. Aber sein Leben ödet ihn einfach an und so sieht er die Rolle als Drummer als Chance ein kleines Abenteuer zu bestreiten. Er begibt sich in zum Bodensatz der Gesellschaft, quasi auf Urlaub in die Realität. Natürlich kann er auch jederzeit wieder aussteigen, aber als König des Abschaums und der Dummen zu agieren macht ihm nach kurzer Zeit einfach schon viel zu viel „Spaß“….

Nachdem man Ex Drummer gesehen hat, eigentlich sogar schon während der letzten zehn Minuten, möchte man den Film am liebsten direkt wieder vergessen. Nicht weil er so schlecht ist, nein, ganz im Gegenteil, der Film widert den Zuschauer am Ende so dermaßen an, das man kaum glauben kann was man da sieht. Dieses Gefühl hat in mir selten ein Film ausgelöst.

Die Story die dem Film zu Grund liegt ist ziemlich gut. Die Welt in der die Bandkollegen hausen ist ein brutaler Sumpf aus Ekel, Gewalt und Arbeitslosigkeit aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Dazu kommt dann der „Übermensch“ Dries der sich, im Gegensatz zu den Bewohnern dieser Welt, vollkommen im Klaren darüber ist was alles falsch läuft im Leben dieser Menschen. Er nimmt die Schicksale dieser Menschen einfach hin, ergötzt sich sogar daran und suhlt sich regelrecht im Leid dieser Menschen. Kurze Zeit nachdem sein „ Urlaub“ beginnt, fängt er schon an die Menschen zu beleidigen, ähnlich oder schlimmer wie sie es untereinander auch tun. Er weiß, dass er etwas Besseres ist und die Menschen bedeuten ihm nichts. Der Zuschauer weiß einfach ab einem gewissen Punkt nicht mehr, wer schlimmer ist. Der Bandkollege der seine Tochter im Dreck seiner Wohnung verrecken lässt oder Dries der all das als gelungene Abwechslung betrachtet und fröhlich mit auf die menschlichen Schicksale drauf prügelt.

Die Inszenierung des Films ist ebenfalls ziemlich gelungen. Der Film bedient sich hier und da einiger Kniffe wodurch ein paar Szenen herrlich surreal wirken. Insbesondere die Wohnung des Sängers sei hier hervorzuheben. Die Wohnung steht nämlich Kopf, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Sänger läuft in allen Szenen in seiner Wohnung an der Decke entlang. Auch wechselt der Film sehr geschickt bittere, schwärzeste Ironie mit unglaublich heftigen Szenen ab und so wird einem meist das Grinsen direkt aus dem Gesicht gewischt und man schämt sich sogar ein wenig.

Der Film steuert auf ein Musikfestival hin, bei dem die neu formierte Band einen Auftritt absolvieren soll. Man könnte meinen, dass der Film nach diesem gewalttätigen, brutalen und skurrilen Randale-Festival zu Ende ist, aber erst danach beginnen langsam die oben angesprochenen finalen zehn Minuten. Hier greift Dries noch einmal in die vollen und lässt vollends den Herrenmenschen raushängen.

Ex Drummer ist wahrlich kein Film für Jedermann. Ex Drummer schlägt ähnliche Töne an wie Kubricks „Clockwork Orange“, mit dem ich ihn wohl am ehesten vergleichen würde, aber er ist doch ganz anders. Sowas wie Ex Drummer habe ich wohl noch nie in dieser Form zuvor gesehen. Auf jeden Fall ein echter Geheimtipp und ein ungebremst radikaler Blick auf die Klassengesellschaft.

Filmbewertung: 8/10

Zweitsichtung 03.05.2009:
Ex Drummer überzeugt beim zweiten Mal auch wieder, evtl. sogar noch etwas mehr. Die vielen visuellen Ideen sind unglaublich originell. Die Darsteller sind ziemlich stark, und die Aussage ist auch super rübergebracht. Bleibt ein starker Film!

8/10