Alan Wake
"Alan Wake" stand als zweiter Titel auf meiner "To Play" Liste auf der geliehenen Xbox 360. Das Spiel wurde auf der E3 2005 angekündigt, damals als Open World Mystery Shooter. Da das Spiel von Remedy entwickelt wurde, den Machern von "Max Payne", sorgte die Ankündigung eines neuen Spiels für viel Aufsehen. Doch es wurde schnell wieder still um "Alan Wake". Teilweise gabs 1,5-2 Jahre keine News. Irgendwann wurde dann bekannt gegeben, das Spiel erscheine exklusiv für Xbox 360. Die PC-Gemeinde war enttäuscht, da "Max Payne" doch am PC ein Hit war. Interessiert am Titel aber aus Ermangelung einer Konsole verzichtete ich also im Mai 2010 erst einmal auf den Titel, doch wollte ich ihn demnächst auch zocken. Diese Zeit war nun endlich gekommen.
Das "Alan Wake" kein drittes "Max Payne" wird, war ja schon damals 2005 klar. Ein Mystery-Shooter, ein wenig im Stil von "Silent Hill" mit der Unterstützung von "Twin Peaks", "Akte X" und Stephen King konnte aber im Prinzip ebenfalls kaum schief gehen, denn die Remedy-Jungs bewiesen schon bei "Max Payne" das sie gute Ideen haben und diese sehr ansprechend umsetzen konnten.
Das Spiel beginnt ruhig. Hauptdarsteller und Bestsellerautor Alan Wake kommt mit seiner Gattin Alice im verschlafenen Nest Bright Falls an, irgendwo im bergigen Hinterland an. Er besorgt sich von einem Einheimischen im Ort den Schlüssel zur gemieteten Hütte auf einem kleinen See und begibt sich mit seiner Frau dort hin. Angekommen leben sie sich schnell ein. Der Tag neigt sich dem Ende entgegen, Alan macht den Stromgenerator an, anschließend zeigt seine Frau dem von einer Schreibblockade geplagten Autor eine mitgebrachte Schreibmaschine. Alan rastet aus, das Alice ihn so zum schreiben drängen will kann er nicht nach vollziehen. Die Beiden brauchen erst einmal Zeit für sich. Alan stürmt aus dem Haus. Gerade wenige 100 Meter vom Haus weg hört Alan seine Frau schreien. Der Strom im Haus ist ausgefallen. Alan eilt herbei, doch seine Frau ist nicht mehr da. Der Autor schaut in den See und meint seine Frau am Grund erblicken zu können. Kurzentschlossen springt er hinterher, doch er findet sie nicht. Stattdessen erwacht er kurz darauf Kilometerweit vom Haus weg in einem verunfallten Auto. Das Haus auf der Insel des Sees ist verschwunden. Alan weiß nicht wie er in das Auto kommt und begibt sich auf die Suche nach Hilfe. In der Ferne leuchtet eine Tankstelle. Auf dem Weg durch den finsteren Wald wird Alan plötzlich von Verrückten, scheinbar von der Dunkelheit Besessenen angegriffen. Er merkt schnell, dass seine Taschenlampe ihm beim Kampf hilft. Erst leuchtet er die mit Äxten, Messern und Kettensägen bewaffneten Männer mit der Lampe an, entfernt so das "schwarz" was sie umgibt, dann kann er mit seinem Revolver auf sie schießen und sie ausschalten. So beginnt für Alan eine Odyssee durch die Nacht, durch die schlimmsten Albträume, gehetzt von der Polizei und auf der Suche nach seiner scheinbar entführten Frau.
Man merkt schon, die Story des Spiels ist keine 08/15 Handlung, sondern hat wirklich Hand und Fuß. Story und Atmosphäre sind auch die größten Stärken von "Alan Wake". Wenn man, nur mit einer Taschenlampe und einem Revolver bewaffnet durch den dunklen Wald stolpert ist das nicht nur sowieso schon ziemlich unheimlich, sondern man ist sich bewusst, dass jederzeit auch einer der Besessenen um die Ecke schauen kann. Zwar kann man den Nahkampfangriffen mit etwas Geschick in letzter Minute(belohnt durch eine Zeitlupenszene) ausweichen, aber das funktioniert auch nur gut gegen einzelne Gegner. Sobald man es mit 3,4 oder 5 von diesen Typen zu tun hat, kommt man arg ins schwitzen. Gott sei Dank haben die Entwickler aber viel Zeit in das Einbringen von "Licht" ins Spiel investiert. Neben verschiedenen Taschenlampen kann man auch auf Blendgranaten und Leuchtstäbe zurückgreifen, genau so wie auf eine Leuchtpistole. Bei den normalen Schießprügeln handelt es sich um einen Revolver, zwei verschiedene Schrotflinten und ein Jagdgewehr. Auch die Umgebung hilft einem manchmal, sei es mit großen Scheinwerfern oder kleinen Baustellenlampen. Alles was Licht macht ist in "Alan Wake" der Freund des Spielers. Dies hat man, durch die erzeugte Panik im Spiel, auch sehr schnell kapiert und eilt daher regelmäßig zu den wenigen Lichtquellen. Die Entwickler haben die Überlegenheit der Gegner super umgesetzt. In praktisch jedem Kampf kann man, wenn man 1,2 Fehler macht, schon sterben. Dies erhöht die Spannung und die Auseinandersetzungen werden bis zum Ende des Spiels nicht wirklich langweilig, obwohl es sich fast immer um den selben Ablauf handelt. Man legt einen Hebel um oder läuft an eine bestimmte Stelle im Level, zack, erscheinen einige Gegner. Weit sichtbare Feinde sind sehr selten. Dadurch erinnert das Spiel ein wenig an "Doom 3", bei dem die Feinde ja auch meist einfach in den Rücken des Spielers teleportiert wurden. Wirklich unangenehm überascht wird man in "Alan Wake" aber nur selten. Das Spiel kündigt Feinde oft durch Zeitlupenkameraschwenks auf die anrückenden Feinde an und ändert die Musik sobald die Action losgeht.
"Alan Wake" ist aufgeteilt in 6 Episoden. Dies muss man sich genau so wie bei einer TV-Serie vorstellen. Bei den Episoden handelt es sich, klar, um die einzelnen Level des Spiels die Serientypisch jeweils mit einem Cliffhanger enden. Die nächste Episode beginnt dann sogar mit einem "Previously on Alan Wake" und erklärt kurz was bisher passiert ist. Richtig klasse Idee und wunderbar umgesetzt. Unterteilt sind die Episoden nochmal in 2-3 Unterkapitel. Die Level sind aber keine Level wie man sie aus typischen Games kennt. Zwar muss man auch von A nach B kommen und auf dem Weg dahin vielen schwarzen Männern den Hintern versohlen, aber da "Alan Wake" auf einer Open World Engine basiert, "Alan Wake" aber dann doch als lineares Spiel entwickelt wurde, bietet das Spiel in seinen Levels recht weitläufige Flächen. Man fährt z.B. erst Minutenlang mit dem Auto zu einem Ort, steigt dort aus, läuft lange durch den Wald und kommt dann an einer stillgelegten Mine an. Durch die tollen Landschaften wirkt das Spiel so wirklich wie ein Open World Spiel. Leider ist dies aber auch eine der Schwächen des Spiels. Macht die erste Autofahrt und der erste lange Gang durch den dunklen Wald noch wirklich Spaß, nimmt dies im Spiel immer ein bisschen mehr ab. Die Autofahrten nerven dabei am meisten. Nicht allein durch die etwas hakelige Auto-Steuerung sondern vor allem weil es aufgesetzt wirkt. Man könnte zwar auch das Auto stehen lassen und stattdessen zu Fuß laufen, aber dies würde nicht nur ewig dauern sondern auch Spielerisch kaum etwas bringen. In einem Open World Game muss ich zwar auch zum Einsatzort fahren, aber z.B. bei "GTA" ist dann auch Leben auf den Straßen und man hat immer was zu gucken. Bei "Alan Wake" hingegen sind die Straßen leer, es gibt keinen Verkehr außer dem Spieler und so sind die Fahrten recht öde. Zwar kann man Nachts mit dem Auto die schwarzen Männer platt fahren oder mit dem Fernlicht anleuchten, aber bleibt auch laufend an irgendwas auf oder neben der Straße hängen. Zu allem Überfluss kann man dann, ganz wie in "GTA", einfach in andere Autos am Straßenrand einsteigen und losfahren. Weder ist jemand da, dem das Auto gehört, noch gibt es einen Grund, dass unser Buchautor Autos knacken kann. Kurzum, die Fahrten mit dem Auto hätte es nicht gebraucht.
Aber auch die Waldpassagen werden in der zweiten Hälfte des Spiels ein wenig langweilig, um nicht zu sagen lästig. In den ersten 2-3 Episoden gruselt man sich noch voller Freude durch die dunklen Nadelwälder hindurch, aber das Setting kommt einem spätestens in Episode 4 langsam zu den Ohren raus, vor allem da es meist nicht spielerisch relevant wirkt sondern das die langen Märsche durch den Wald einfach nur da sind um das Spiel zu strecken. Besonders ärgerlich, wenn die Entwickler es dann gut gemeint haben und etwas Abwechslung hereinbringen wollen, und man dann aus dem Wald in eine Silbermine geschmissen wird. Grau in Braun ist jetzt auch nicht viel besser als Wald in Wald…
Zwar machen die Actionsequenzen jederzeit Laune, aber es fehlt eben einfach an Abwechslung.
Immerhin, am Ende von Episode 4 geht es auf die Farm zweier Altrocker, was in einem richtig tollen Kampf auf einer Rockbühne mündet und in Episode 5 kämpft man sich dann auch endlich einmal durch das Örtchen "Bright Falls", welches irgendwie im ganzen Spiel viel zu kurz kommt. Man kommt im Ort an, ist später noch einmal da weil man von der Polizei verhört wird, und das war es dann. Die meiste Zeit ist man im nicht ganz so interessanten Hinterland unterwegs. Hier fand ich Spiele wie "Silent Hill"(wo es z.B. auch mal durch ein Krankenhaus ging) oder viele andere Survival Horror Games("Resident Evil") weitaus abwechslungsreicher.
Aber diese beiden Kritikpunkte, also die etwas deplatzierten Open World Restbestände und die fehlende Abwechslung im Handlungsort, ist auch das einzige was man an "Alan Wake" kritisieren kann.
In Sachen Atmosphäre zieht einem das Spiel, nicht zuletzt durch den grandiosen Soundtrack, die Schuhe aus. Wenn man sowieso schon ein bisschen Angst im Dunkeln hat, ist das Game einfach der perfekte Gruselknaller. Das die Kämpfe nur Nachts stattfinden nutzt sich auch im Spiel niemals ab und passt immer gut in die Handlung.
Die Lichteffekte des Nachts sind ebenfalls über jeden Zweifel erhaben. Besonders toll wenn man mit der Leuchtpistole auf eine Gruppe Gegner schießt, wird manchmal eine Zeitlupensequenz ausgelöst, die den Schuss in Panoramasicht zeigt. Toll! Die Grafik ist also ebenfalls gelungen, auch wenn sich tagsüber ein paar unschöne Texturen zeigen sowie schwächen in den Charaktermodellen offensichtlich werden. Hier schlägt wohl die lange Entwicklungszeit zu buche, denn auch die gerenderten 3D-Videos sehen dann und wann ein wenig schwachbrüstig aus.
Steuerungstechnisch war ich sehr angetan. Wurde ich zuvor bei "Army of Two" darin bestätigt, das man nur auf dem PC genau zielen kann, lehrte mich "Alan Wake" eines Besseren. Zwar gibt es am Anfang eines Kampfes eine Auto-Aiming-Hifle, die einen nahen Feind auswählt, aber während des Kampfes kann man das Fadenkreuz/die Taschenlampe wunderbar auf die einzelnen Gegner lenken und abdrücken. Präzise, perfekt zu steuern, einfach toll. So stelle ich mir das vor.
Die Story gibt sich zunächst gelungen und simpel, schlägt dann aber schnell dahingehend um, das man kaum eine Ahnung hat was nun los ist. Träumt Alan nur? Ist Alan in Wahrheit in einer Irrenanstalt weil er mit dem Tod seiner Frau nicht klar kam und bildet sich alles nur ein? Ist Alan selbst nur der Darsteller in einem Roman einer ganz anderen Person? Oder Ist hier wirklich plötzlich fast jeder im Ort vom mysteriösen Dunkeln besessen, aufgrund eines wilden Manuskripts das Alan geschrieben hat…. Leider bleibt einem das Spiel hier auch nach dem gelungenen Ende eine Antwort schuldig, was schade ist. Zwar passt das wunderbar in das Serienkonzept des Spiels, selbiges mit einem Cliffhanger enden lassen und auf Staffel 2 zu verweisen, aber bei einer Serie warte ich in der Regel 8-10 Monate bis es weiter geht. Bei "Alan Wake" warte ich im besten Fall 3-4 Jahre und im schlimmsten ewig. Und eine unbeendete Handlung zu diesem Spiel wäre wirklich sehr schade.
Insgesamt konnte mich "Alan Wake" überzeugen, es wurde aber leider nicht der Hit den ich eigentlich erwartet hatte. Der Aufbau der ganzen Story, die Entwicklung der Figur Alan, der Spannungsbogen, all das ist wirklich gut gelungen. Das Spiel nimmt einen gefangen und verlangt das man am besten am Stück durchspielt, ganz wie eine gute Serie. Ich könnte mir eine echte TV-Serie dazu sehr gut vorstellen, würde sogar darum bitten.
Spielerisch hätte das Game aber gerne etwas mehr bieten können. Die immer gleichen Kämpfe, die meist recht ähnlichen Schauplätze und die störend in die Länge gezogenen Märsche zehren doch hin und wieder an der Geduld des Spielers. Auch kommt die recht hohe Spielzeit von 10-12 Stunden nur durch die zu langen Level zu stande.
Nichts desto trotz definitiv Pflichtprogramm für Grusel- als auch für Shooter-Freunde.
8/10
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