72 Stunden – The Next Three Days
Originaltitel: The Next Three Days – Erscheinungsjahr:2010 – Regie: Paul Haggis
Darsteller: Russell Crowe, Elizabeth Banks, Olivia Wilde, RZA, Brian Dennehy, Liam Neeson, Jonathan Tucker, Lennie James, Moran Atias, Jason Beghe, Tyrone Giordano, Sean Huze
Filmkritik: Nach einem gemeinsam Abend, bei dem der Babysitter auf ihren Sohn Luke aufpasste, sitzen John (Russel Crowe) und Lara (Elizabeth Banks) Brennan wie jeden Morgen beim Frühstück, bevor es zur Arbeit geht. Doch plötzlich steht die Polizei vor der Tür und verhaftet Lara, weil sie einen Mord begangen haben soll. John glaubt an ihre Unschuld, aber auch in letzter Instanz sind die Indizien so eindeutig, dass sie lebenslänglich im Gefängnis bleiben muss. Als er kurz darauf die Nachricht erhält, dass Lara versucht hatte, sich umzubringen, dringt er in das Gefängniskrankenhaus vor, um wenigstens einen Moment bei ihr zu sein. Doch sie scheint jeden Mut verloren zu haben und leidet zudem darunter, dass Luke keine Nähe mehr zu ihr herstellt und auch zu den Besuchen im Gefängnis nicht mehr mitkommt. John fasst einen Plan – er will sie befreien und mit ihr und dem gemeinsamen Sohn ins Ausland fliehen…
Da mich Regisseur und Drehbuchautor Paul Haggis bislang nicht großartig enttäuscht hatte, habe ich mich auch an seinen neusten Film gewagt. „The Next Three Days“ versteht sich als spannende, etwas unglaubwürdige und zu dick aufgetragene Hatz in der Crowe seine geliebte, zu unschuldig verurteilte Frau aus dem Gefängnis befreit.
Der Film spielt geschickt mit den Zeitebenen. Er beginnt in der Gegenwart mit einer schwer zu durchschaubaren Sequenz die andeutet, dass grad etwas schief gelaufen ist. Nun macht der Film 3 Sprünge zurück. „The Last Three Years“, „The Last Three Month“ und „The Last Three Days“ bis er wieder in der Gegenwart ankommt und der Filmtitel, der nicht eingeblendet wird, in Aktion tritt. Dieser Kniff gefiel mir sehr gut, wird der Film so doch in recht handliche Pakete aufgeteilt. Lara wird verhaftet und verurteilt. Die Beweise sind erdrückend. John ist hingegen von ihrer Unschuld überzeugt. Ich als Zuschauer tat mich dabei sehr schwer. Ich war nie und werde auch nie ein Freund von Elizabeth Banks werden und traue ihr prinzipiell alles zu. Der Mord an ihrer Chefin? Klar, wieso nicht?!
Haggis hingegen lässt die meiste Zeit aber nur wenige Zweifel aufkommen die dafür sprechen würden, dass sie die Mörderin ist.
Doch darum geht es in „The Next Three Days“ auch gar nicht. John glaubt ihr und John ist entschlossen sie rauszuholen. Nach einem Treffen mit einem erklärten Ausbruchsexperten(launiger Gastauftritt: Liam Neeson) beginnt die dreimonatige Vorbereitungsphase. Ein Plan muss ausgetüftelt werden und Geld muss beschafft werden. Dazu begibt sich John ins düstere Gangstermilieu, was gewohnt flach und eindimensional dargestellt wird. Der erhabene weiße Familienvater muss sich mit Gangstern einlassen. Oh schauder. Man merkt schon, in der schwarz/weiß Malerei liegen nicht die Stärken des Films. Vielmehr ist das Gesamtwerk das was zündet.
Der Film hält eine konstante Grundspannung aufrecht die beinahe die kompletten 135 Minuten anhält. Für einen recht typischen Hollywood Film der letzten Zeit eher die Ausnahme als die Regel. Die Austüftelung des Plans weiß trotz der recht platten Darstellung wunderbar an den Bildschirm zu fesseln und man fiebert der Ausführung entgegen. Allerdings hatte ich bereits ein paar Bedenken.
Der eigentliche Ausbruch erfolgt in den letzten 45-60 Minuten des Films und die Bedenken waren teils wahrlich berechtigt. Es gibt mehrere Momente bei denen man einfach nur mit dem Kopf schüttelt. Zudem betrügt der Film sich selbst. Liam Neesons Figur offenbart Russel Crowes Charakter wie schwierig alles werden wird, und das er sich im Klaren sein muss was er alles tun muss. Er muss wahrscheinlich eine Wache erschießen, eine alte Oma anzurempeln die ihm im Weg steht oder gar seinen Sohn zurücklassen. Er muss dazu bereit sein, ansonsten scheitert der Plan. Doch all diese Sachen treffen nur bedingt oder gleich gar nicht ein. Der Lehrer von Nebenan ist an einem ersten Ausbruch direkt weitaus gewiefter und sauberer als Liam Neeson, der bereits 6 oder 7 Ausbrüche hinter sich hat. Hier stimmt einfach etwas nicht. Man hätte daraus eine ähnliche Situation wie in „Total Recall“ machen können, wo man durch Neeson weiß was alles passieren wird, doch stattdessen hat sich Haggis dazu entschlossen das ganze so sauber wie möglich zu inszenieren, was sich als Pferdefuß herausstellt. Spannend ist das ganze trotzdem, aber die Realität wird spätestens hier völlig über Bord geworfen und er Film driftet mehrmals in B-Film Schemata ab.
Ansonsten hält der Film den Zuschauer aber auf hohem Niveau bei der Stange. Gut gefilmt, recht ordentlich gespielt und mit einem treibenden Score unterlegt kann „The Next Three Days“ wunderbar unterhalten, auch wenn das Niveau irgendwann auf der Strecke bleibt und das Ende ein wenig zu sehr in die Breite geht. Für einen aktuellen Thriller hat der Film alles was dazu gehört. Klare empfehlung.
Filmbewertung: 7/10
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