Source Code
Originaltitel: Source Code – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Duncan Jones
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Michelle Monaghan, Vera Farmiga, Jeffrey Wright, Russell Peters, James A. Woods, Michael Arden, Cas Anvar, Joe Cobden, Gordon Masten, Craig Thomas, Neil Napier
Filmkritik: Als Colter Stevens (Jake Gyllenhaal) zu sich kommt befindet sich an Bord eines Zugs auf dem Weg nach Chicago. Eine junge Frau (Michelle Monaghan) spricht mit ihm als würden sie sich bereits lange kennen, aber ihm ist sie völlig unbekannt. Als sie ihn plötzlich mit dem Namen Sean anspricht, ist er vollends verwirrt und perplex. Er erklärt ihr, dass er Soldat in Afghanistan wäre und überhaupt keine Ahnung hat was er plötzlich in diese Zug machen würde. Etwas benommen begibt es sich ins Bad des Wagons. Dort begrüßt ihn ein völlig unbekanntes Gesicht im Spiegel. Entsetzt stürzt er heraus zu der jungen Frau, um ihr weitere Fragen zu stellen, doch ehe er die Frage formulieren kann verbrennen beide zusammen mit dem Zug in einem gleißenden Feuerball. Sekunden später befindet sich Colter in einer seltsamen Metallkugel und eine Army-Mitarbeiterin kontaktiert ihn über einen Monitor…
Für Fans von Duncan Jones, der die Sci-Fi Gemeinde mit seinem kleinen, leisen Werk „Moon“ vor 2 Jahren verzaubert und in Verzückung versetzt hat, war die Nachricht, dass er an einem neuen Film mit dem Titel „Source Code“ arbeitet eine der besten Nachrichten der letzten Zeit.
Die Informationsbeschaffung vor dem Filmstart war recht dürftig, was in der Regel entweder ein Zeichen dafür ist, dass es für den Film förderlich ist so wenig über den Inhalt zu wissen wie möglich oder aber das der Film nicht so gut ist wie die Macher ihn gerne gehabt hätten. Für „Source Code“ trifft da zum Glück ersteres zu. Ähnlich wie damals bei „Inception“ wurde in Trailern und Berichten recht zurückhaltend mit Informationen umgegangen. Der normale Trailer zum Film läuft etwas über eine Minute, zeigt dabei genau das was man über den Film wissen muss und überlässt den Rest der Kinovorstellung. Genau so sollte das aussehen.
„Source Code“ beginnt recht klassisch damit, dass der Hauptdarsteller genau so wenig weiß wie der Zuschauer, außer dieser hat den kurzen Trailer gesehen. Colter Stevens erwacht also auf einem Zug nach Chicago plötzlich im Körper eines anderen Mannes und ehe er sich versieht explodiert der Zug auch schon das erste Mal und mit ihm Colter und alle an Bord. Die erste halbe Stunde des mit 93 Minuten recht kurzen „Source Code“ wird dazu genutzt die zugrunde liegende Geschichte zu etablieren. Das Informationen hier nur tröpfchenweise von zwei recht verschlossenen Army-Mitarbeitern preisgegeben werden, nervt dabei ein bisschen liegt aber auch in der Natur der Sache.
Colter Stevens: “What would you do if you knew you only had one minute to live?”
Colter Stevens befindet sich also im „Source Code“, einer Maschine die es ermöglicht an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für eine gewisse Zeitspanne die Identität eines Mannes vor Ort anzunehmen, der „gut auf den Benutzer des Source Code passt“. Früh wird Colter vom weiterhin sehr wortkargen Entwickler der Maschine eingetrichtert, dass er im Source Code auf keinen Fall die Zeit ändern kann sondern lediglich einen Bombenleger identifizieren soll. Alle Menschen dort seien aber bereits vor ein paar Stunden unwiederbringlich gestorben.
Die Täterfrage, also der wahre Grund weswegen Colter im Source Code ist, rückt mit zunehmender Spielzeit immer mehr in den Hintergrund. Zwar ist dies immer noch sein Hauptauftrag, aber im Grunde geht es für Colter und den Zuschauer doch eher darum dahinter zusteigen, was der Source Code in Wahrheit alles kann. Dies kann man auch als Entschuldigung nehmen das die eigentliche Täterhatz dann doch hier und da etwas uninspiriert daher kommt und auch der Täter selbst zwar politisch weit links platziert wird, aber doch eher blass bleibt. Die Suche nach dem Täter ist keinesfalls durchschaubar aber wirkt bisweilen einfach etwas aufgepfropft weil „zwingend nötig“ als treibende Storykraft.
Die Prämisse des Films wird keinesfalls toterklärt, denn zum einen halten sich die Vorgesetzten recht Wortkarg zurück und zum anderen weiß man praktisch nie viel mehr als Colter selbst, weswegen man sich zusammen mit ihm – ohne viel technologisches Hintergrudwissen – einen Reim aus der Maschine und den Fähigkeiten eben dieser machen muss. Dies erfreut den Sci-Fi Fan, denn sich selbst ein wenig in die Materie reinzufuchsen ist immer spannender als sich alles haarklein erklären zu lassen.
„Source Code“ ist nebenbei gespickt mit kleinen, aber netten Details. Lange Zeit hält sich die direkte Kontaktperson von Colter ihm gegenüber recht distanziert und unterkühlt, obwohl dessen Schicksal und die Umstände der Mission tragisch sind. Ein Umstand, auf den im Finale des Films sogar noch erklärend eingegangen wird, denn der Kommunikationsweg der beiden ist lange Zeit nicht 100% klar. Diese und ähnliche kleine Details gibt es viele, ein paar werden bestimmt erst in der zweiten Sichtung auffallen.
Dem zweiten Werk von Duncan Jones sieht man aber leider auch an, dass er hier mehr Budget und ein größeres Studio im Rücken hatte. Die langsame, beinahe schleichende Inszenierung von „Moon“ weicht einer durchweg treibenden Kraft und auch der sparsame CGI-Einsatz in „Moon“ spielt in „Source Code“ nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn CGI trotzdem meist wunderbar unterstützend und nicht störend im Vordergrund eingesetzt wirkt.
Zudem enttäuscht der Film im Bereich des Soundtracks leider doch etwas. Abgesehen von einer schönen Titel- und Endmusik und dem Klingelton „The One And Only“ von Chesney Hawkes (kleine Referenz zu „Moon“, die da aber weitaus ironischer war als hier) bietet der Film praktisch keinen besonders hervorzuhebenden Soundtrack. Während des Films fällt dies zwar kaum auf, im Nachhinein denkt man sich aber doch, dass irgendwas gefehlt hat.
Die Grundidee von „Source Code“ ist herrlich interessant und bietet viel Potential. Es wäre verwunderlich wenn das Konzept rund um den Source Code nicht nochmal in einem anderen oder ähnlichen Film aufgegriffen wird. Drehbuchautor Ben Ripley bedient sich ähnlich wie Duncan damals bei „Moon“ bei einigen anderen Werken des Genres, ohne diese komplett auszuschlachten. Storytechnisch kann „Source Code“ Verbindungen zur Serie „Quantum Leap“ (Scott Bakula hat in der Originalversion von „Source Code“ gar einen Stimmen-Cameo) oder zum ganz ähnlichen, leider recht unbekannten „Retroactive“ aber nicht leugnen.
„Source Code“ ist für Sci-Fi Freunde definitives Pflichtprogramm. Das Genre, speziell das Zeitreisegenre wird seit Jahren vermehrt nur noch im DTV-Sektor bedient („Triangle“) und da ist es einfach schön nochmal einen Genre-Film im Kino zu bewundern. Zwar hätte man aus der Ausgangslage im Endeffekt doch mehr rausholen können, aber „Source Code“ steigt in Sachen Intensität und Überraschungseffekt stetig an. Hat man die 30 minütige Einführungsphase – die man sich nüchtern Betrachtet fast schenken kann – erst einmal hinter sich gelassen steuer der Film geradewegs auf ein tolles Finale zu, das einen schönen Kompromiss aus Hollywood-Happy-End und nicht zu romantisch verklärtem Ende liefert.
Insgesamt zwar noch nicht die erhoffte Genre-Sensation, aber ein weiteres, stellenweise erneut beeindruckendes Werk, das sein gesamtes Potential aber nicht völlig ausschöpft.
Filmbewertung: 7/10
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