Offroad

Offroad
Originaltitel:  Offroad – Erscheinungsjahr 2011 – Regie: Elmar Fischer



Darsteller:
Nora Tschirner, Elyas M’Barek, Max von Pufendorf, Thomas Fränzel, Stefan Rudolf, Tonio Arrango u.A.

Filmkritik: Die Kritik in einem Satz? Mittelstandsbildungsbürgertum-Tarantino-Variante für die retro-romantisierte Mitte-bis-Ende-20-Hipster-Crowd (mit dem doppelten X-Chromosom).

Das muss etwas mehr ausgeholt werden? Aber sicher doch:
Das Geschehen beginnt damit, dass die Hauptfigur der Geschichte, Meike Pelzer, die ach so schwere Tragik ihres absurden Daseins als fertigstudierte in Papas Gartenzubehör-Firmazweitchefin erläutert. Humoristische Highlights sind dann die Tatsache, dass sie eben hauptsächlich Grasauffangnetzte für Rasenmäher erstellt und dass ihr spießiger Freund, den sie anscheinend auch heiraten will, alles jenseits von „Bier und Fernsehen“ anscheinend langweilig findet. Bis Meike dann endlich aus Jux und Dollerei ein Auto beim Zoll ersteigert, welches noch über 50 Kilo Koks im Kofferraum (unter der Decke, da würde sicherlich nie jemand vom Dienst nachschauen!) verfügt, sollen wohl die von Tschirner in Kleinmädchenstimme gesprochenen Mittelstandsbildungsbürgertumdorfbeobachtungen etwas witziges haben, auch wenn wie auf die Dauer statt zum Lachen eher zum angenervten Augenrollen einladen.

Ist der Beinahe-Ehemann erst einmal beim Fremdgehen erwischt worden, wird auch schon die Idee mit dem „Ich bring die Drogen wieder zurück zur Polizei“ geknickt und unsere Heldin schwingt sich in ihre Karre um in den Sonnenuntergang zu brausen. Nachdem sie wegen ihren ach so lustig unwissendenden Drogendeal-Versuchen übel verprügelt wird, kommt „Traumboy Salim“ (ernsthaft, so bei einer anderen Kritik gelesen, die NICHT aus der Bravo war) um die Ecke um zu helfen. Groß, clever, gewitzt, lebenslustig und sinnlich, eben das typische Hausfrauenliebesroman-Südländerklischee, so weit, so austauschbarer Doppelchromosomen-Schmacht auf unterster Twilight-Klon-Schiene.

Offroad ins Genre-Allerlei

Von Zeit zu Zeit lockern glücklicherweise drei tumbe Eventmanager als Bösewichte das Geschehen auf. Diese hatten nämlich eigentlich vor das Auto wieder neu zu ersteigern (warum eigentlich? Gehen die davon aus, dass die Polizei komplett dämlich ist?), um mit den Drogen groß Geschäft zu machen. Wie man so blöd sein, aber trotzdem über 2 Mio. Dollar Koks heranschaffen, bzw. überhaupt bezahlen kann steht natürlich auf einem anderen Blatt. Wohl jenem, welches nachher aus dem Drehbuch rausgeflogen ist. Aber zumindest die verplanten Auftritte der Blödgangster sind noch unterhaltsam, denn bei den beiden Hauptprotagonisten fängt nun die Unsympathisierung nur noch mehr an.

Meike, die Tochter aus gutem Hause, klaut sich mal eben wortwörtlich ihren gesamten Look aus verschiedenen Garderoben zusammen, während Salim „mal eben“ einer Frau mit Babywagen die Digitalkamera klaut. Beides Elemente die nicht ansatzweise weiter thematisiert, sondern zusätzlich auch noch als putzige Verschrobenheit porträtiert werden. Wie sympathisch! Warum Salim danach sofort wieder und auch im weiteren Verlauf stets den moralischen Zeigefinger schwingt, stand dann wohl auch auf einer der entfallenen Drehbuchseiten?

Mit weiterem Verlauf hangelt sich das Geschehen dann extrem uninspiriert und unausgewogen irgendwo zwischen einem debilen „Knockin’ On Heaven Door“ und „Lammbock“ für Arme durch seine Laufzeit. Will zwar Gangsterthrill und Absurditäten bieten, dann aber im nächsten Moment mit putziger Verliebtheit in Breitbild doch nicht die wohl anvisierte Mit- bis Ende 20er Pärchen vergraulen, die vielleicht auch mal gerne aus ihrem gut bezahlten Mittelstand konsequenzfrei ausbrechen wollen, um mal zwischen Drogen, Waffen und heißen Südländern (welchen Geschlechts auch immer) ein Wochenende oder zwei zu verbringen.

Bis zum banalen Kitsch-Ende fallen dann auch zwischenzeitlich die eigentlichen drei „Bösewichte“ unter den Tisch (obwohl diese vorher Salims Schwester sogar krankenhausreif „verhört“ haben), Meikes Eltern, welche von ihr ohne Notiz nächtens verlassen wurden und deren Sozialunterdrückung zumindest im ersten Drittel immer ein Thema war, werden bis auf ein kurzes Gag-Telefonat nie wieder aufgegriffen und der gesamte Schluss ist so schal, dass einzig die Hoffnung besteht, dass man es hier mit einem der zig alternativen Enden zu tun hat, welche die verzweifelten Filmemacher durchgegangen sind, um diesen unkohärenten Murks schließlich so schnell es geht zu einem halbwegs motivierten Schluss zu bringen.

Moral war gestern, heute gibt es putzige Kriminelle samt Liebesfilmklischees

…nein, „Offroad“ ist kein guter Film. Und wenn man dabei sogar noch über die Moral der Geschichte nachdenkt, so graust es einem nur noch viel mehr. Wo damals ein „True Romance“ noch wegen seiner Thematik in der 16er-Fassung ein „Unhappy Ending“ verpasst bekommen hat, damit die Figuren nicht so ohne weiteres mit ihren Schweinereien davon kommen, so ist die ach so putzige Sozialverwahrlosung wohl schon so weit, dass man nun diesen „Liebesfilmgangsterspaß“ ohne Probleme und vor allem ohne Moral ab 12 freigeben kann.

Dabei steckt leider ziemlich viel Talent in dem unsympathischen Geschichtenwust vergraben. Elyas M’Barek ist ein einziger Charmebolzen, Max von Pufendorf als geldgeiler Fremdgehverlobter zeigt zum Ende hin einige großartige Over-The-Top-Momente, die schön das vorher gezeigte Langweiler-Image brechen, während Thomas Fränzel, Stefan Rudolf und Tonio Arrango als „Bösewichte“ Julian, Ulf und Tuschi jede Szene dominieren, in der sie sich befinden. Ebenso sorgt Philipp Kirsamers Bildersprache für einige sehr atmosphärische Aufnahmen. Sei es nun „auf dem Dorf“ oder in der Hauptstadt Berlin. Umso enttäuschender, dass eben „Offroad“ zu solch einem inhaltlichen Ärgernis verkommen ist…

Filmbewertung: 3/10