Anatomie eines Mordes
Originaltitel: Anatomy of a Murder – Erscheinungsjahr: 1959 – Regie: Otto Preminger
Darsteller: James Stewart, Lee Remick, Ben Gazzara, Arthur O’Connell, Eve Arden, Kathryn Grant, George C. Scott, Orson Bean, Russ Brown, Murray Hamilton, Brooks West, Ken Lynch
Filmkritik: Leutnant Manion (Ben Gazarra) wird angeklagt wegen Mord aus Rache. Er hat die Vergewaltigung seiner Frau Laura (Lee Remick) mit der Ermordung des Gewalttäters gerächt. Rechtsanwalt Dr. Biegler (James Stewart), der lange Zeit keinen großen Fall mehr hatte und mit einem Bein im Bankrott steht, versucht, den Kopf des Leutnants aus der Schlinge zu ziehen.
Allerdings sprechen alle Beweise gegen seinen Mandanten. Und auch die bildhübsche Laura, die gerne etwas mit der Männerwelt spielt, gerät bald ins Zwielicht, denn ihr Vergewaltiger galt als ehrenwerter Mann. Dr. Biegler sieht alsbald nur einen Ausweg: Er muss die Unzurechnungsfähigkeit seines Mandanten beweisen. Der Anwalt kämpft verzweifelt gegen die eisenharte Wand des Gerichts und der Anklage…
„Gerichtssaal-Filme“ gibt es viele, es gibt sogar bereits ganze TV-Serien die sich um Anwälte und Auseinandersetzung vor dem Gericht drehen. Doch die Klassiker des Genres, entstanden bereits 50, 60 Jahre früher.
“The prosecution would like to separate the motive from the act. Well, that’s like trying to take the core from an apple without breaking the skin.” Paul Biegler
James Stewart spielt einmal mehr den gewitzten Jedermann. Als Anwalt hat er bisher keine großen Erfolge vorzuweisen. Er geht lieber fischen. Doch so langsam geht das Geld aus. Seine Sekretärin hat keinen Lohn bekommen und sein alkoholischer Bekannter bemerkt sogar schon, dass er mal wieder eine Person zum verteidigen braucht. Da kommt ein Mord gerade recht und so nimmt er sich der Verteidigung des Mörders an.
Bereits hier muss man dem Film zugutehalten, dass sich nicht für einen Fall entschieden wurde, bei dem Unschuld bewiesen werden muss. Es ist von Beginn an klar, dass Leutnant Manion den Mord begangen hat. Lediglich das „warum“ muss geklärt werden.
„Gin!… I knew there was something wrong with that guy. I never met a gin drinker yet that you could trust” Parnell Emmett McCarthy
„Anatomy of a Murder“ lebt vor allem von den geschliffenen Dialogen. Stellenweise ist der Film der Inbegriff von Ironie. Wie herrlich geschliffen sich hier die Dialogzeilen um die Ohren gehauen werden und wie besonders Jimmy Stewart im Gerichtssaal die Ankläger in die Schranken verweist ist herrlich und ganz klar legendär.
Dabei ist die Rolle von Stewarts Figur niemals die des „guten“. Er versucht den Mörder eines Menschen vor dem Knast zu bewahren. Der Mord erfolgt zwar aufgrund der Vergewaltigung der Frau des Mörders durch das Opfer, aber Stewart ist sich dessen nie 100% sicher. Allein die Ehefrau des Mörders, Laura, ist eine derartige Femma Fatale, das man allein schon ihr alles Möglich zutrauen würde.
“If this refrigerator gets any more fish in it, it will swim upstream and spawn all by itself.” Maide Rutledge
Das Vorgeplänkel des Films ist bereits gelungen. Aber den Höhepunkt erreicht „Anatomy of a Murder“ wieder jeder gute Gerichtsfilm natürlich erst in eben diesem. Hier explodiert die Dialogbombe wortwörtlich. Besonders erfrischend und raffiniert, weil Regisseur Preminger kein Freund von Rückblenden bzw. Flashbacks ist, hat er auf diese Konsequent verzichtet. So baut man sich als Zuschauer aus den Aussagen von Zeugen, Täter und Opfern eine ganze eigene Hintergrundgeschichte zusammen und ist sich zum Ende hin selbst nicht sicher, wem man nun glauben soll oder was man als Geschworener entscheiden sollte. Auch der Film hüllt sich bis zum Abspann und Schweigen ob der Glaubhaftigkeit der Story. Hier darf jeder selbst urteilen.
„Anatomy of a Murder“ ist von Anfang bis zum Ende ein absoluter Spitzenfilm. Für sein Genre ist er ein immenser Zugewinn gewesen und für Stewart ist es erneut eine absolut großartige Schauspielleistung. Doch auch das Drehbuch, welches selbst auf einem Roman basiert, verdient höchste Anerkennung. „Anatomy of a Murder“ ist spannend, witzig, schockierend, ironisch und einfach ein echter Klassiker. Must See!
Filmbewertung: 10/10
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