Tinker Tailor Soldier Spy – Dame, König, As, Spion

Dame, König, As, Spion
Originaltitel: Tinker Tailor Soldier Spy – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Tomas Alfredson



Darsteller:
Tom Hardy, Gary Oldman, Colin Firth, Benedict Cumberbatch, Stephen Graham, Mark Strong, Ciarán Hinds, Simon McBurney, Konstantin Khabenskiy, Laura Carmichael, Amanda Fairbank-Hynes, Roger Lloyd-Pack u.A.

Filmkritik: Der Job eines Geheimagenten ist kein leichter.

Weit weg von romantisierten Klischees alla James Bond skizziert nun „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“ das Leben dieser Männer zwischen Verrat, Geheimniskrämerei und schlichtem Warten auf weitere Indizien, damit die Oberen schließlich ihre Schlüsse ziehen können.

Das ist dann auch leider das eine große Problem des Films, falls es denn eines gibt:
Die bewusste Langsamkeit des Geschehens. Diese resultiert nicht unbedingt durch die sehr geruhsame Inszenierung, die sich wohltuend zurücknimmt und den Schauspielern und der Geschichte das Feld überlasst, sondern eher daraus, dass der hierzulande mit „Dame, König, As, Spion“ merkwürdig betitelte Streifen schlicht ein weitläufiges Panorama des Agentenlebens zur Zeit des kalten Krieges dem Zuschauer bieten will, weswegen fast wie in einem Episodenfilm unterschiedlichste Nebenhandlungen in den Hauptplot eingewoben wurden.

Allerdings – und dass macht dieses Manko bei weitem wieder wett – ist keine Szene zuviel, jeder Ablauf wirkt sich auf die eine oder andere Art und Weise auf die Handlung und die vielschichtigen Charaktere aus, während gemächlichen Schrittes die verschiedenen Erzählstränge einem gemeinsamen Höhepunkt entgegenlaufen.

Ob es nun darum geht, dass ein gefangener und monatelang durch Folter zermürbter Agent wieder am Leben teilnimmt und Freundschaft zu einem Jungen schließt, der vielleicht die nächste Generation der Spionage sein könnte; über einen Mann „fürs Grobe“, dessen Geschichte sich natürlich um „die Frau“ dreht, für die er alles aufs Spiel setzt; bis hin zu den Geschehnissen einer eigentlich normalen Weihnachtsfeier, welche scheinbar die Weichen für all die weiteren Entwicklungen gesetzt hat.
Wer in diese Welt der Agenten eintauchen will, der sollte Zeit und Ruhe mitbringen, um auf Details zu achten und auch hier und da mal versteckte Botschaften mitzukriegen. So fühlt es sich nach einiger Zeit an, als sei auch der Zuschauer in all die Verschwörungen verheddert und spioniere den Figuren hinterher, um schließlich mit ihnen ein Puzzle-Stück an das nächste zu reihen.

Ein Mann, ein Name: Mr. Smiley

Ironischerweise ist „Mr. Smiley“ der Name, mit welchem Gary Oldmans meist ruhig bis verschlossen blickender Charakter angeredet wird. Er ist der Hauptfokus der Geschichte, um den sich all die verschiedenen Nebenhandlungen ranken und genauso wird er auch von den zahlreichen, großartigen Darstellern unterstützt. Angefangen bei Tom Hardy, der ohnehin anscheinend der Aufsteiger der Saison zu werden scheint und spätestens durch Christopher Nolans Comicepos „Dark Knight Returns“ Mitte des Jahres sprunghaft seine Popularität weiter steigern wird, über wie immer gute Darsteller wie Mark Strong, der einmal mehr eine packende Darstellung eines gequälten Charakters liefert, bis hin zu Colin Firth, der ebenso wie immer überzeugen kann. Und das John Hurt eine Klasse für sich ist, auch wenn er leider wenig im eigentlichen Film vertreten ist, braucht man wohl nicht mehr erwähnen, oder?

Regisseur Tomas Alfredson, der zuletzt den durch ein US-Remake noch weiter geehrten „So finster die Nacht“ 2008 gedreht hatte, schafft es mit unaufdringlichem, aber äußerst atmosphärischen Musikeinsatz sowie der Kamera von Hoyte Van Hoytema, der mit ihm ebenfalls an „So finster…“ gearbeitet hatte und seinen Job zum Beispiel auch bei „The Fighter“ großartig gemacht hat, die Geschichte ohne auch nur den kleinsten dramaturgischen Ausreißer noch weiter zu veredeln. Realistisch ist der Look des Ganzen und des Öfteren nimmt die Kamera das Geschehen aus einer Perspektive wahr, die auch gut einem weiteren Agenten gehören könnte, der dies alles beobachtet. Eben ganz im Stile dessen haltend, dass der Zuschauer sich selbst zum Schluss immer mehr so fühlt, als würde er hier den Beobachter in der merkwürdigen, paranoiden Welt voller einsamer Menschen spielen.

Böse Zungen könnten sicherlich zurecht behaupten, dass auch „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“ abgesehen von seiner ausgezeichneten, aber halt ziemlich gemächlichen Inszenierung und den guten Darstellern wenig Neues aus dem Genre herauszieht. Bereits seit Anbeginn des Agentenfilm-Booms gibt es immer wieder Werke, welche das Leben der Spione weniger als frauenflachlegendes Abenteuerland für „echte Kerle“ ablichtet, sondern dem Realismus den Vorzug geben, was freilich nicht bedeuten muss, dass es hier sonderlich klischeefrei zugeht.
Wie allerdings bei jedem guten Film hat der bedächtig über die zweistündige Laufzeit aufpassende Zuschaue aber auch nachher das Gefühl, dass er die Figuren kennt, die er da für einen kurze Zeit begleitet hat. Und auch wenn zum Beispiel manch verlorene Liebe so bereits in Dutzenden anderer Filme verarbeitet wurde, so leidet man trotz allem mit. Gerade bei einem Werk wie „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“, der es gleichzeitig schafft einen der wohl geheimnisumwittertsten Beruf zu entmystifizieren, als auch gleichzeitig wunderbar genau das auf zu zeigen, was seit jeher an diesem fasziniert.

Filmbewertung: 9/10

P.S.: Wie hat es dieser Streifen eigentlich geschafft eine FSK12-Freigabe zu bekommen? Haben die Damen und Herren Sittenwächter gedacht, dass so einen ruhigen Streifen ohnehin keine Kinder oder Jugendliche besuchen würden? Denn auch wenn sich die harten Szenen an zwei Händen abzuzählen und immer relativ kurz sind, so ist „Mann mit aufgeschlitztem Bauch in einer Badewanne voller Blut in welcher seine Gedärme an der Wasseroberfläche dümpeln“ oder ein saftiger Kopfschuss nun wirklich nichts, was man normalerweise in dieser Freigabenkategorie zu sehen bekommt…