Iron Sky

Iron Sky
Originaltitel: Iron Sky – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Timo Vuorensola

Darsteller: Julia Dietze, Christopher Kirby, Götz Otto, Tilo Prückner, Peta Sergeant, Stephanie Paul, Udo Kier, Kym Jackson, Yuki Iwamoto, James Quinn, Nick Dong-Sik, Martin Grelis u.A.

Filmkritik: Aus einem klaren Nachhimmel senken sich zahlreiche surrende, blinkende Reichsflugscheiben, die das von einem satten Vollmond erhellte Firmament wieder verdunkeln. Götz Otto als böser Mondnazi Adler freut sich gar diebisch über die Vorgehen, während die Mondnazi-Lehrerin Renate Richter (Julia Dietze) mit ihrem zwangsarisierten Negerfreund (Christopher Kirby) fassungslos dem Treiben zuschaut, welches auf dem Mond von dem dortigen „Führer“, natürlich gespielt von keinem anderen als Udo Kier, ins Rollen gebracht wurde….

Oh yeah, es ist allein eine Wonne mal wieder so etwas hübsch absurdes in die knappe Inhaltsangabe schreiben zu können. Und noch besser? Das Ganze läuft dann sogar noch im Kino und begeistert zahlreiche Leute, auch wenn anscheinend viele Leute zwar schätzen, aber nicht so recht verstehen, was sie da auf der Leinwand sehen.

Das ist kein Trash! Verdammt noch mal!

 Laut dem Werbeflyer der Macher selbst scheinen die „gebildeten Medien“ anscheinend so gar nicht zu verstehen, was da auf sie losgelassen wird. „Inglourious Basterds trifft Star Wars“ brabbelt da wirr N-TV vor sich hin, während DER SPIEGEL zwar das Ganze auch unterhaltsam fand, aber dann gleich als „ganz grosses Trashvergnügen“ bezeichnet, was schlicht und einfach mal komplett daneben ist.

Nicht, dass „Iron Sky“ nicht unterhaltsam wäre, ganz im Gegenteil. Aber „Trash“ ist schlicht und ergreifend mal etwas anderes. Trash beim Film ist, wenn etwas daneben gegangen ist, aber eben auf so unterhaltsame Art und Weise, dass man deshalb lacht. Bei „Iron Sky“ wird auch viel gelacht, aber sämtliche Gags sind hier ganz bewusst gesetzt worden, von daneben gegangen „so bad it’s good“-Sachen gibt es dafür eigentlich keinerlei Momente. Interessanterweise ist da die wirre Aussage N-TVs wohl noch am nächsten dran an der Wahrheit: „Iron Sky“ ist eine Pulp-Fantasie wie sie im Buche steht (oder eher stand), von Nazis, welche sich auf die dunkele Seite des Mondes gerettet haben und nun 2018 wieder auf die Welt zurückkommen. (Und ja, der Unterschied zwischen „Pulp“ und „Trash“ ist eben, dass Ersteres eine lustvolle und gekonnte Auseinandersetzung mit dem Thema ist, während Letzteres dies gerne sein würde, aber durch die eigene Unfähigkeit oder Billigkeit einen ganz eigen(willig)en Charme entwickelt.)

Der Humor unterscheidet sich dabei aber grundlegend von dem eines Tarantino, sondern ist vor allem mit jenem aus Tim Burtons „Mars Attacks“ vergleichbar. Hier wird eine anarchistische Komödie abgefeiert, bei der die Mondnazis gelungene Kalauer genauso wie bissige Polit-Satire zu einem großen, gelungenen Ganzen zusammenschnüren, ohne ihre Wurzeln in der Groschenroman-Tradition zu verbergen. Politisch korrekt ist hier kaum etwas, dafür aber umso witziger.

Meteor-BLITZKRIEG!

Regisseur Timo Vuorensola mixt den Mondnazis eine ganze Bande von Politiker-Stereotypen als Gegenspieler unter, angefangen bei der Präsidentin der „Vereinigten Staaten Of The Americans“, wo Mondnazi Adler immer so schön sagt. Diese sieht dann aus wie Sarah Palin und verschreckte im Trailer bereits einige Zuschauer durch aufgepfropfte „Yes, She Can!“-Verarschungsplakate und die Aussicht auf Nervigkeit. Im fertigen Film aber ist ihre Rolle nicht nur deutlich kleiner als es den Anschein hatte, sondern sie ist auch oft der Garant für bissige Politik-Spitzen, wenn sich etwa gefreut wird, dass hier Weltall-Nazis („Die Originale!“) angreifen, denn jeder Präsident der im ersten Wahljahr einen Krieg begonnen habe, würde ja wiedergewählt und dass man nun „doch nicht Australien bombardieren muss“.

Die Sequenzen bei den vereinten Nationen ab der zweiten Hälfte erinnern dabei manch einen Kenner absurder Filmkunst an „Monster X gegen den G8-Gipfel“, denn überraschenderweise bis auf die (aktuellen) Deutschen bekommt hier jedes Land sein Fett weg. Nordkorea wird ausgelacht, die Amis werden als Lügner beschimpft („Aber meine Herren, seien sie doch nicht so, dass machen wir doch immer!“) und einzig Finnland scheint es ganz friedlich angehen zu wollen.

Derweil schwebt über der Welt das Damocles-Schwert der Weltall-Invasion, denn eigentlich sollte die Mondmission mit dem schwarzen Modell Washington eigentlich nur PR sein, hat aber leider die Nazis dort aufgeschreckt. Deshalb wird sich schleunigst auf die Erde begeben, um von dort Supercomputer (I-Phones) zu holen, um die eigene Weltuntergangsmaschine flott zu kriegen. So weit, so der rote Faden, an dem sich die gelungenen Späße entlanghangeln.

Staunende Mädels und Pimpfe: Die Götterdämmerung

Dabei kann man die Macher gar nicht genug für die gelungene Optik loben. Mit einem Budget von knapp 8 Millionen Dollar werden hier teils atemberaubende Bilder geschaffen, die sich nicht ansatzweise vor der großen Hollywood-Konkurrenz zu verstecken haben. Das lässt unweigerlich die Frage aufkommen, wie zum Teufel ein Roland Emmerich mehr als das zwanzigfache für einen Film rauswirft, der dann überraschenderweise nicht halb so gut aussieht. Dabei achtet „Iron Sky“ auch auf so liebevolle Kleinigkeiten wie die Tatsache, dass etwa die Weltall-Monitore der Nazis alle in schwarz-weiß sind, oder dass erst ein Gitternetz über den Schirm gelegt wird, um so schließlich per Kurbel das Ziel anvisieren zu können. Steampunk ist es zwar nicht wirklich, aber kann es sein, dass hier gerade der „Reichspunk“ erfunden wurde?

Goldiger Abschluss des Ganzen sind dann die Schauspieler rund um Götz Otto, Julia Dietze und Christopher Kirby, die mit viel Elan (und sichtlichem Spaß an der Sache) durch die Geschichte fegen, während Udo Kier leider gar nicht mal so viele Auftritte im fertigen Film hat.
Generell ist dann einer der Kritikpunkte am Film auch, dass das Geschehen hier mit einer unglaublichen Rasanz voranschreitet, was natürlich für sich eine gute Sache ist, aber generell fünf oder zehn Minuten mehr Geschehen wäre durchaus noch wünschenswert, wenn hier im Eiltempo die Monate verfliegen und immer noch ein weiter over-the-top-Moment auf den anderen draufgesetzt wird.

Auch mag manch einer wohl finden, dass es nicht „nicht oldschool genug zugeht“, was aber wohl auch gar nicht erst die Intention des Machers war. Im Gegenteil. „Iron Sky“ ist eben kein „Ilsa – She Wolf Of The SS“ und auch kein „Werwolfwomen Of The SS“. Es ist ein aktueller Streifen mit aktuellen Gags, die aber genauso wie manch schräger B-Film der Vorzeit sich einen Dreck darum schert politisch korrekt zu sein. So gibt es bis auf zwei, drei für die 12er Freigabe überraschend saftigen Stellen wenig Gewaltanwendung und auch sexuell gibt es hier wenige Ausschweifungen, aber seien wir mal ehrlich: Die teils endlosen Sexszenen und nervigen Erotik-Filmstreckmomente alter Nazisploitation-Streifen sind auch wirklich nicht das, was man bei diesem Film erwarten sollte.

Der Ritt der Weltall-Walküren

Freuen darf man sich dafür aber auf jeden Fall auf einen mehr als nur gelungenen Soundtrack der Band Laibach, welcher des Öfteren in den imposanten All-Szenen den „Ritt der Walküren“ in die eigene Tonspur mischt und für eine perfekt-pointierte Untermalung des Geschehens sorgt.

„Iron Sky“ zeigt also endlich mal wieder im generellen Kino hierzulande, wie viel Spaß mit verrückten, aber liebevoll bearbeiteten Ideen haben kann und vor allem, dass man eben auch mit einem für die gängigen Blockbuster kleinen Budget viel erreichen kann, wenn man sich die Mühe macht.

Ist „Iron Sky“ ein perfekter Film? Nein. Ist es ein verdammt unterhaltsamer Streifen, wenn man weiß, was einen erwartet? Auf jeden Fall! Allen die allein von der Idee angetan sind und bereits „Mars Attacks“ mochten, kann man dieses filmische Kleinod nur ans Herz legen, denn so schnell wird man solch einen Streifen jenseits des „Fantasy Filmfests“ wohl nicht in den Kinos sehen können. Leider.
Wenn sich aber beim  schön gestalteten Abspann dann die letzte Kamerafahrt bis zum Mars zieht, darf man aber durchaus darauf hoffen, dass es vielleicht einen Nachfolger zu diesem Film gibt, den man ausnahmsweise durchaus als Instant-Kultstreifen betiteln darf. Vielleicht sind ja irgendwann Sowjets auf den roten Planeten geflohen und wollen nun angreifen und die Mond-Nazis wären die letzte Verteidigungsstelle der Menschheit?
„Iron Sky: Red Menace“? Man kann nur an wolkenlosen Nächten in den Himmel hinauf schauen und hoffen…

Filmbewertung: 8/10

C4rter kommt im O-Ton zum selben Ergebnis

Nach der Sichtung im O-Ton kann ich mich wirklich nur 1:1 dem Kollegen executor anschließen. „Iron Sky“ ist es gelungen den Witz der Trailer und der generellen Ideen über die gesamte Laufzeit zu transportieren.
Ich hätte Wetten abschließen können, das abgesehen von der Idee dem Film nicht viel bleibt um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Aber so kann man sich täuschen!
Humor und auch Story sind auf einem konstant guten Niveau, das wunderbar unterhält und einfach Spaß macht.
Der O-Ton macht vor allem deswegen Spaß, weil der Film ähnlich wie „Inglourious Basterds“ aus vielen Deutschen Dialogen besteht. Durch das Casting von vielen Deutschen Darstellern ist das gesprochene Deutsch auch jederzeit klar und richtig. Ein kleines Novum in Nazi-Filmen und ein definitiver Pluspunkt, da dies vor allem etwas den Realismus erhöht, wenn man davon überhaupt sprechen kann bei diesem Film.
Für diese 90 Minuten Nazi-Spaß kann man wirklich nur eine Bewertung zücken:

Filmbewertung: 8/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 8/10