Das Hochzeitsvideo

Das Hochzeitsvideo
Originaltitel: Das Hochzeitsvideo – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Sönke Wortmann



Darsteller:
Lisa Bitter, Marian Kindermann, Stefan Ruppe, Martin Aselmann, Lucie Heinze, Mascha von Kreisler u.A.

Filmkritik: Es gibt gewisse Sprüche auf dem Cover, die sind einfach ein schlechtes Omen. „Die längst überfällige deutsche Antwort auf ‚Hangover’ und ‚Brautalarm’ – Blickpunkt Film“ wäre solch ein Spruch. Denn vielleicht sind dies zwar „deutsche Antworten“, aber die Frage davor hat leider niemand gestellt.

So darf Sönke Wortmann hier die Heiratswilligen von der Leine lassen, denn, klar, wenn man die Hochzeitsvorbereitungen samt Polterabend, Männerabend und Weiberumzug in einen Streifen knallt, kann man gleich eine „Antwort“ auf die vielen Fragen wie die genannten „Hangover“ und „Brautalarm“ geben. Aber ohne sich jetzt noch mehr im Ablehnungszynismus des „typischen deutschen“ Werbe-blablas zu suhlen: So schlecht ist de Film dann auch nicht geworden, auch wenn leider Wortmann neben einigen inhaltlichen Stolpersteinen besonders mit einem Gimmick versucht dem Ganzen doch noch das Genick zu brechen: die subjektive Kamera!

Ein reales Hochzeitsvideo der Marke „Found Footage“?

Das war so zumindest laut einem Interview mit Wortmann angedacht, wurde dann aber schnell wieder ad acta gelegt. Verschlimmbessernd meint  da Sönke da sogar noch, dass es „unser Konzept war möglichst authentisch zu wirken, kann könnte sagen: Die Konzeptlosigkeit war in diesem Falle das Konzept.“ So kann man sich dieses Experiment dann auch schön reden, denn bis auf wenige Momente, in welchen die von Hand geführte Kamera auch teil der eigentlichen Geschichte ist, wird wenig mehr aus diesem Gimmick gemacht, als Person immer mal wieder fragen zu lassen: „Ist die Kamera an!“, bevor am Ende der Szene dann ein (oft genervtes): „Schalt mal die Kamera jetzt aus!“ folgt.

Dabei war eigentlich alles so friedlich geplant: Pia und Sebastian wollen heiraten. Sie kommt aus Hippie-esken Verhältnissen, er aus „gut deutscher Oberschicht“, dass da Zündstoff en masse bereit liegt dürfte klar sein. Dabei sind Sebastians bester Freund Daniel (Martin Aselmann) sowie Pias Schwester Despair (Lucie Heinze) für den Großteil der Zeit im Filmgeschehen die Kameramenschen. Und glücklicherweise geht auch dieser Film den Trend, dass dadurch weniger die Leute vor der Kamera, als eben hinter der Kamera charakterisiert werden durch das was sie filmen, oder wo sie eben auch wegschwenken. Neben der Kultur-Kollision zwischen den beiden Familien hält nämlich die zarte, aber durchaus liebevoll und natürlich erscheinende Liebesgeschichte dieser beiden Menschen hinter der Kamera das eigentliche Geschehen zusammen, welches ansonsten des Öfteren Ansätze hat komplett in eine Nummernrevue abzudriften.

Der Aufmarsch der Klischee-Cartoons

Dabei sind jenseits der beiden Hochzeitswilligen und den beiden Kameraführern so ziemlich alle Beteiligten ziemlich treffende, aber auch oftmals stark einseitige Klischee-Figuren. Angefangen bei der immer wieder nach den Nazi-Vergangenheit fragenden, gealterten 68er Mutti von Pia, über deren Musikervater und gewaltablehnenden Stiefvater (der natürlich dann einmal gegen Ende des Streifens doch laut wird), über die beiden hochnäsigen Sozial“nazis“ auf der Elternseite von Sebastian, bis hin zu dicken Beamten ohne Herz (dafür umso mehr Fetischen) und gar boshaften Ex-Freund-Pornostars.

Das Geschehen ergeht sich dabei ebenfalls in den typischen Missverständnissen, Mini-Problemchen und kleineren Gag-Setups von der Stange, auch wenn man dabei loben muss, dass einige Lacher extremst gut vorbereitet wurden und clever ins Gesamtgeschehen eingebracht wurden. Ein ehemaliges David Hasselhoff-Tattoo  sei da als Beispiel genannt, ohne dass zu viel verraten wird.

Noch dazu gibt es ein weiteres, großes Problem: So will der Streifen oftmals genüsslich sowohl die mehr links oder rechts stehenden Kleinbürgermentalitäten gerne aufs Korn nehmen, bedient sich aber dafür allzu gern selbst eben jenem Blickwinkel, um auf Teufel komm raus manch einen Gag zu melken (etwa Pias Mutter mit ihrer Nazi-Fixierung). Spießbürgerliche Attitüden mit einem spießbürgerlichen Blickwinkel durch den Kakao zu ziehen funktioniert eben alles Andere als gut.

Leider ist so am Ende der Inhalt nichts, was man nicht schon tausendmal gesehen hätte und die oftmals nutzlose Kamera-im-Film-Attitüde ist schlicht und ergreifend beinahe komplett nutzlos (wenn auch nicht allzu störend). Eigentlich ein klarer Kandidat für das Mittelmaß, wenn nicht sogar das untere Mittelmaß, wenn da nicht die teils fabelhaften Darsteller wären. Was den Figuren auf dem Papier am Realismus fehlt, dass manchen die Schauspieler dann wieder teilweise wett und der Gastauftritt von Sänger Sasha als zynisches Arschloch stellt dabei an Lustigkeit ganz locker jenen von Mike Tyson aus „Hangover“ in den Schatten, wenn wir denn mal bei der „deutsche Antwort auf…“-Thematik bleiben wollen. (Ganz abgesehen davon, dass – danke, deutsche Mentalität – das Geschehen auch weniger zugeknöpft ist in Sachen Sex und Nacktheit, was zumindest den Real-Aspekt weiter fördert und zumindest mit seiner Offenheit einen netten Kontrast bildet zu den eigentlich inhaltlich versauteren, aber optisch biederen US-Streifen.)

So hieven dann, wie gesagt, die Darsteller das gesamte Geschehen (leicht) über das Mittelmaß hinaus, besonders die bereits erwähnten vier „Hauptdarsteller“ – die Zwei vor dem Altar sowie die Zwei hinter der Kamera – müssen dabei noch einmal lobend erwähnt werden, wobei eben auch allen Anderen auf gehobenem Niveau agieren und sich, wenn das Drehbuch sie gerade nicht mal wieder dazu zwingt, nicht im Chargieren ergehen.

Abschließend fällt nur noch negativ auf, dass es beim Anschauen teilweise schon ziemlich schmerzhaft ist, wie offensichtlich das „Missverständnis im letzten Drittel“ bereits ab der fünf Minuten Marke des Streifens vorbereitet wird. Wäre es nicht wirklich einmal an der Zeit mit diesem schnell aber sicher kaum mehr aushaltbaren Standarddrehbuchkniff zu brechen?

Freunde der bereits erwähnten „amerikanischen Fragestellungen“ können gerne einen Blick auf diesen Film werfen und alle Anderen, die mal einen „Film für Zwei“ brauchen, der neben Romantik auch ein gutes Maß an Humor hat. Eine Hand voll extrem gelungener Lacher ist auf jeden Fall garantiert.

Filmbewertung: 6/10