El Gringo
Originaltitel: El Gringo – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Eduardo Rodriguez
Darsteller: Scott Adkins, Yvette Yates, Christian Slater, Israel Islas, Erando González, Sofía Sisniega, Valentin Ganev, Darren Shahlavi, Matt Mullins, Zahary Baharov, Bashar Rahal, Blaire Noonan u.A.
Filmkritik: Es gibt gewissen Filme, die regen einfach nur furchtbar auf.
Manche Werke schaffen dies durch eine schlechte Machart, durch die in ihnen dargestellten Themen und Denkansätze oder auch Figuren innerhalb der Geschichte, denen man am liebsten den Hals umdrehen möchte. Aber die schlimmsten von allen Aufregerfilmen sind jene, die es schaffen durch ein komplettes Ignorieren ihres eigenen Themas ständig dem erwartungsvollen Publikum den nicht unterhaltsamen Stinkefinger zu präsentieren, nur um selbst damit dann schlicht und ergreifend nichts anzufangen. Vorhang auf für bereits jetzt einen der ganz großen Actionflops der Saison: El Gringo!
Klischee-Hero-Dude Vs. The Face-Painted-Pussy-Brigade
Scott Adkins, Scott FUCKING Adkins spielt dabei sogar den ach so clever nicht benannten Helden, der von allen nur “Gringo” genannt wird und mit dem sprichwörtlichen Sack voll Geld über die Grenze nach Mexika flieht. Dabei kommt er in ein kleines Scheißdorf von Ort, in dem die kompletten Bewohner von der hiesigen Drogenmafia geschmiert werden.
Was nun in ein großangelegtes Shoot’em Up-Fest ausufern könnte, da ja jeder in dieser statt korrupt ist und seine Seele – wenn man mal so philosophisch sein will – verkauft hat, wird als platte Film-Neo-Noir-Chose aufgezogen, bei der manches Mal Figuren und Gegenstände mehr aus stylishen als inszenatorischen Gründen in schwarz-weiß dargestellt werden, von den komplett nutzlosen „coolen“ Charakter-Namen-Titelcards ganz zu schweigen. Dass diese so überflüssig sind wie ein Feuerzeug in der Hölle wird dann spätestens klar, wenn die typische sexy Barfrau mit Titelcard vorgestellt wird, nur damit sie eine Szene später vom Helden nach ihrem Namen gefragt werden kann und diesen auch prompt nennt. Hat da vielleicht jemand zu viel seine-Coolheit-längst-überschrittenen-post-Tarantino-Boom-Style im filmischen Frühstücksmüsli gehabt?
Dabei sind die Gegner neben einem dumpf-unsympathischen Dorfsheriff allesamt mit weißer Gesichtsbemalung auftretende Witzfiguren, die eher wie verwirrte Kiss-Fans aus dem Quatsch Comedy Club wirken und so viel Bedrohung ausstrahlen wie ein Glas voll warmer Milch. Kein Wunder, dass Adkins die Bedrohung dann auch alles Andere als ernst nimmt…
Hoffnung zur Halbzeit
Gerade wenn man denkt, dass der Streifen mit seinen ewigen Storywiederholungen (etwa wenn die gleiche Diebin gerade zum x-ten Mal dem Gringo seine Geldtasche – welche dieser natürlich auch kaum sicher, damit es zu dieser Zeitverschwendung kommen kann – klaut, damit eine lahme und sehr kurze Verfolgungsjagd folgen kann) immer weiter frustriert geschieht es. Aus heiterem Himmel folgt eine Actionsequenz, die einfach nur absolut großartig ist: Scott Adkins schießt sich einen riesigen Leichenberg zusammen, lässt blutige Ein- und Kopfschüsse hageln und treibt all jenen die Freudentränen in die Augen, die mal wieder einen ordentlichen Shootout sehen wollen, nachdem John Woo ja (leider) ein paar Jahrhunderte zurück gegangen ist mit seinen Filmen und man in einem historischen Setting nun schlecht beidhändig ballernde Badasses einfügen kann.
War eine kurze frühere Schießerei schon mit kleinen Aha-Momenten, aber auch einem Augenkrebs verursachenden Stakkato-Schnitt gesegnet, so dass die guten Momenten schnell in genervtes Augenflattern übergegangen sind, scheint der Streifen nun so richtig abzuheben. Beidehändiges Geballer, schnittige Inszenierung und absolut nichts was an blutleere PG-13 Ballereien erinnert: Hell yeah!
Und der Stinkefinger zum Ende hin
Als wäre es aber nur ein böser Scherz gewesen war es das dann mit der Action für den gesamten Film! Den. Gesamten. Film. Im Abspann wird Isaac Florentine genannt und irgendwo stand einmal, dass er erst nach den Dreharbeiten dazugeholt wurde. Kann es sein, dass vielleicht den Machern aufgefallen ist wie furchtbar das von ihnen gedrehte Material war, so dass der Action-Maestros kurz geholt wurde um noch schnell wenigstens etwas Action in all diese Lahmheit reinzubringen? Ausschließen will man es nicht, bestätigen kann man es aber auch nicht.
Ganz so als ob man nun sämtliche falschen Schritte bewusst machen wollen würde die es nur gibt geht der Streifen nun immer weiter in Richtung „Wutanfall beim Zuschauer“, was in dem wohl größten filmischen Stinkefinger-Finale mündet, welches dieser Autor hier in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen hat.
Komplett auf die innere Logik scheißend werfen die Bösen ihre Waffen weg, die bösen bis apathischen Dorfbewohner werden mit noch mehr Geld bestochen und so wird das Finale zur absoluten Anti-Katharsis.
Eigentlich würde „El Gringo“ zwar durchaus auf dem unsinnlichen Punktemeter eine 4, mit zwei zugedrückten Augen vielleicht sogar eine 5 von 10 Bewertung kassieren, aber nein, bei so viel verschenkter Chance wirkt das Geschehen wie die perfekte Mischung aus nicht gewusst wie und verschenkter Chance. Gefrustet sein beim Abspann garantiert. Deshalb das Prädikat: Hoffen, dass die tolle Actionszene zur Mitte hin schnell bei YouTube landet, dort einfach ansehen und „El Gringo“ ganz schnell aus der filmischen To-Do-Liste ausweisen. Was für eine Verschwendung!
Filmbewertung: 3/10
P.S.: Christian Slater darf auch noch als Cop in einem Subplot etwas Zeit verschwenden und vor allem mal wieder den typischen Slater raushängen lassen, als auch für einen bis zu dem Zeitpunkt längst überfälligen Witz über die weißgesichtigen Milchgesichtgangster reißen. Aber das nur mal so als Info am Rande.
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