Violet & Daisy
Originaltitel: Violet & Daisy – Erscheinungsjahr 2011 – Regie: Geoffrey Fletcher
Darsteller: Saoirse Ronan, Alexis Bledel, Danny Trejo, Cody Horn, James Gandolfini, Tatiana Maslany, Marianne Jean-Baptiste, John Ventimiglia, Stu ‚Large‘ Riley
Filmkritik: Die beiden Titelgebenden Girls Violet (Alexis Bledel, „Sin City“) und Daisy (Saoirse Ronan, „Hanna“) sind beste Freundinnen. Sie wohnen zusammen in einer kleinen Bude, fahren beide auf die Sängerin Barbie Sunday ab und sind auch sonst eigentlich ganz normale Teens. Doch wenn die Beiden mal nicht gerade durch Jugendzeitschriften blättern, bringen sie im Auftrag von Gangsterbossen andere Leute um.
Nach dem letzten erfolgreichen Auftrag, welchen sie vor allem angenommen haben um die Miete zahlen zu können, sehen sie ein neues Kleid der Modelinie ihres Idols Barbie Sunday. Doch es fehlt das Geld dafür und so nehmen sie von Russ (Danny Trejo, „Machete“) einen weiteren Auftrag an. Der „Hit“ klingt zunächst recht simpel. Ein Typ hat Geld gestohlen und hat sogar später die Bestohlenen angerufen, damit geprahlt und seinen Namen gesagt. Das ausmachen seiner Adresse war also ein Leichtes und so machen sich die beiden jungen Frauen auf den Weg.
Doch der Mann ist zum Zeitpunkt des Eintreffens der Girls nicht da. Violet und Daisy setzen sich aufs Sofa um auf ihn zu warten. Violet möchte ein kurzes Nickerchen machen, Daisy soll aufpassen bis der Mann zurückkommt. Doch der Plan geht schief, beide schlafen ein. Doch als der Mann (James Gandolfini, „The Sopranos“) dann auftaucht und die beiden auf seinem Sofa schlafen sieht, versucht er sich gar nicht zu wehren sondern holt gar eine Decke und deckt die beiden zu. Auch sonst ist der alte Mann ein ganz anderes Ziel als alle um die Ecke gebrachten Personen zuvor. Es hat den Anschein, dass er wirklich sterben will…
„Violet & Daisy“ hat einen durchweg ungewohnten Vibe den man so nicht immer erwarten würde. Der Film beginnt mit den beiden Girls wie sie, als Nonnen verkleidet und mit Pizzaschachteln bewaffnet einen Gangsterunterschlupf kaputt schießen um eine Geisel zu befreien. Inszenatorisch wirkt das wie eine Szene von Quentin Tarantino, ohne dessen Stil allzu sehr zu kopieren. Man könnte jetzt erwarten, der Film würde in ähnlichem Tempo und mit immer abgefahreneren „Hits“ weitergehen, quasi eine Art „The Boondock Saints“ mit 2 jungen Frauen. Doch weit gefehlt.
Regisseur und Drehbuchautor Geoffrey Fletcher, der sich nach dem Oscargewinn mit „Precious“ quasi frei aussuchen konnte was er als nächste macht, überrascht erneut mit einem erfrischend anderen Drehbuch. Denn nach der ersten großen Actionsequenz mutiert „Violet & Daisy“ für eine ganze Zeit lang zum Kammerspiel. Viele der insgesamt 90 Minuten des Films spielen in der beschaulichen Appartementwohnung des alten Mannes. Und ähnlich viele Minuten leben vor allem eben von diesem alten Mann, denn James Gandolfini, seines Zeichens Ex-Tony-Soprano, spielt den herzensguten Kerl einfach herrlich verschroben und mit der richtigen Dosis Ironie. Da können die beiden jungen Damen leider nicht immer ganz mithalten. Zwar verzaubern sie oft durch schiere Präsenz und der Absurdität, dass diese beiden zierlichen Mädchen in Wahrheit blutige Killer sind, doch charaktermäßig kommen sie nicht an Gandolfinis Figur ran.
Wenn man sich zudem während des Films immer wieder ins Gedächtnis ruft, welche fiesen Figuren er bereits gespielt hat, wirkt diese Rolle nur noch surrealer.
Surreal ist sowieso das Stichwort, denn in der zweiten Filmhälfte spart der Film auch nicht mit traumähnlichen Sequenzen, in denen Violet Vergangenheitsbewältigung betreibt und Daisy in dem alten Mann eine Art Ersatzvater gefunden hat, sowie er in ihr eine Ersatztochter. Doch hier entgleiten Fletcher die Zügel des Drehbuchs etwas und der Film schwimmt eine gewisse Zeit eher planlos umher, bis das Ende dann irgendwie sogar etwas zu plötzlich auf den Zuschauer hinab-regnet. Den Bogen hatte er in „Precious“ besser hinbekommen.
Dem Film fehlt im Mittelteil evtl. noch eine auflockernde Szene im Stil des Anfangs. Diese hätte für die nötige Auflockerung gesorgt, die der Struktur des Films auf dem Weg zum unvermeidbaren Ende etwas abgeht. Im letzten Drittel versteift sich Fletcher dann doch etwas zu sehr darauf, dem Zuschauer Szenen zu präsentieren, mit denen er so niemals in diesem Film gerechnet hätte. Doch passen diese Szenen überhaupt? Nicht immer, leider, hier wäre etwas mehr Mut zur Konventionalität nicht verkehrt gewesen, weswegen sich das Werk etwas unter Wert verkauft. Schade. Abschließend gesagt bekommt man mit „Violet & Daisy“ aber nichts desto trotz einen sehr sehenswerten, etwas anderen Killerfilm der sich nur schwer in eine Schublade stecken lässt. Hier braucht man schon einen kleinen Schrank mit Schubladen.
Filmbewertung: 7/10
Neueste Kommentare