Schutzengel

 

Schutzengel
Originaltitel: Schutzengel – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Til Schweiger



Darsteller:
Til Schweiger, Moritz Bleibtreu, Hannah Herzsprung, Kostja Ullmann, Nina Eichinger, Rainer Bock, Katharina Schüttler, Herbert Knaup, Karoline Schuch, Luna Schweiger, Mickey Hardt, Jacob Matschenz u.A.

Filmkritik: „Was war denn das?“, waren die ersten Gedanken nach der leider ziemlich ernüchternden Sichtung des „Schutzengels“, welcher endlich einmal wieder ein deutscher Actionfilm ist. Nachdem der Schweiger in „Adrenalin“ schon einen auf „Stirb langsam“ gemacht sowie bei den „Replacement Killers“ Chow Yun-Fat gejagt hat und bei Uwe Bolls „Far Cry“ mit Humormomenten und genetisch veränderten Killertypen zu kämpfen hatte, drehte er nun auch mal einen eigenen Actionfilm. Wieder mit dabei ist die eigene Tochter Luna, die hier die Zeugin eines versehentlichen Mordes darstellt, welche von Schweigers Ex-Soldaten-Charakter beschützt und von einem bösen Waffenproduzenten wegen ihrer möglichen Aussage gegen ihn von dessen Killerschergen gejagt wird. So weit, so der durchaus typische Action-Movie-Set-Up. Nur was am Ende dabei herauskam ist ein teils konfuser Mischmasch aus ganz vielen Elementen.

Ein Genre-Mix der unausgewogenen Sorte

Wenn zu Anfang der extrem heruntergehungerte und durchtrainierte Axel Stein Furzwitze zum Besten geben darf, bevor es zu einer gelungen inszenierten Actionszene kommt, der dramatische Hintergrund eines Soldaten lang und breit belabert werden darf, bevor die Machenschaften der Reichen und Bestechlichen in den Vordergrund gestellt werden, nur um kurz darauf wieder Humor (und zahlreiche Schweiger-Injokes) zu bieten, ist die inhaltliche Stimmung „all over the place“.
Was eigentlich im Trailer wirkte wie Til Schweigers „Hard Boiled“, legt immer wieder größere Pausen ein um den Kriegshintergrund der Hauptfigur in einfachen Dialogsequenzen zu besprechen, welche schlicht und ergreifend langweilig vorgetragen werden. Anstatt einer Rückblende wird ein sich teils schier endlos anfühlendes Frage-und-Antwort-Spiel geliefert, bei welcher Papa Schweiger von seinem Töchterchen immer wieder Stichworte für dramatische Beschreibungen bekommt in denen er ausbreiten darf wie voll hart es ist Soldat zu sein und wie schröcklich das Kriegshandwerk ist und blablabla. Was als Actionfilm (kurz) anfing wird so schnell zur gelaberintensiven Trauma-Aufarbeitung, auch wenn dies zumindest noch etwas mit den eigentlichen Figuren zu tun hat. So ist der Ausflug zu einem beinamputierten Kollegen (großartig gespielt von Mortiz Bleibtreu) zumindest thematisch passend. Dass aber etwa im letzten Drittel zwei riesige Dialogblöcke kommen, wo Kleinschweiger das Love-Interest von Papa Schweiger ebenso endlos über deren ehemalige Beziehung ausfragen darf, während eben der titelgebende „Schutzengel“ gerade seine Wunden auskuriert, stellt die (männlichen) Zuschauer vor eine starke Geduldsprobe.

Ein frauenkompatibler Actionfilm?

Es war ohnehin überraschend, wie viele Frauen im Publikum anzutreffen waren. Witzigerweise waren viele davon einfach gekommen um „den neuen Til Schweiger-Film“ zu sehen, da ihnen ja die WievielOhrenauchimmerHasen sowie Kokowääh  gefallen hatten. Dass es so etwas wie Trailer und Altersfreigaben gibt, die zumindest einen Eindruck davon vermitteln, dass es nun etwas ruppiger zugeht, hat das schöne Geschlecht wohl noch nicht gehört. Dafür waren die Damen äußerst angetan von den „emotionalen Gesprächen“ und den „tiefschürfenden Diskussionen um Beziehungen und den Attitüde eines Soldaten“. Dafür wurde ihnen oftmals „zu viel geschossen“ im Film. Der werte Leser merkt, worauf das alles hier so langsam alles hinaus läuft?

Schweiger wollte nämlich anscheinend seine aufgebaute „Fanbase“ nicht vernachlässigen, hatte aber ebenso Lust mal wieder einen Actionfilm zu drehen, nur leider, leider mixen sich die Punkte „dialogintensives Drama für die Dame“ mit „satter Action für den Herrn“ nicht so recht, um es genauer zu sagen: Die Mischung ist sogar ziemlicher Mist! Dass bei einem Film von über 130 Minuten Länge insgesamt drei(!!!) Actionszenen vorzufinden sind, ist schon ein starkes Stück, dass allerdings das letzte Drittel Beziehungsgelaber in den Vordergrund stellt, dafür aber die Motivation warum man wohin fährt sowie einen ordentlich Abschluss vermissen lässt, ist schon richtig erschreckend. So wird nicht nur der Schluss selbst erst zwanzig Minuten vor Schluss vorbereitet, sondern bei dem ansonsten nicht um Schnelligkeit bemühten Geschehen wird plötzlich in den letzten Minuten gehastet, ganz so, als hätte der Schnittmeister da erst bemerkt, dass der Streifen langsam bedrohliche Überlänge entwickelt.

Am Ende ist es erst recht schade um das Potential des „Schutzengels“, denn die Actionszenen sind immer gut, teilweise sogar richtig intensiv und druckvoll inszeniert, sämtliche Schauspieler sind große Klasse, allen voran Bleibtreu sowie Herbert Knaup als Polizeichef. Aber auch die Darsteller der kleineren Rollen wie Stein, Korritke, Lauterbach und und und sind richtig gut. Rausfallen tut da nur Luna Schweiger, die einmal mehr „ganz nett“ wirkt von ihrem Können her, hier aber auch ziemlich wenig zu tun hat außer verstört irgendwo rumzusitzen, manches Mal etwas schnippisch zu sein und ansonsten den Stichwortgeber für emotionales Blabla anderer Personen zu liefern. Aber, auch hier und generell: Die Darsteller machen ihre Sache vorzüglich! Die Inszenierung als solche ist hochwertig und auch wenn Schweiger hier und da gerne mal einen „Establishing Shot“ mehr gerne hätte machen dürfen, bevor du dialogintensiven Nahaufnahmen übergangen wird, gibt es auch dort eigentlich nicht viel zu meckern. Das ganz, ganz große Problem des Films liegt einfach darin, dass er zu viel auf einmal will und damit schlicht zwischen alle Stühle setzt.

Der Schweiger ist ziemlich vielseitig und kann eigentlich das was er macht, nur sollte er nicht alles auf einmal tun. Ansonsten kommt eben so etwas wie der „Schutzengel“ dabei heraus.

Filmbewertung: 5/10