Der Totmacher

Der Totmacher
Originaltitel: Der Totmacher – Erscheinungsjahr: 1995 – Regie: Romuald Karmakar



Darsteller:
Götz George, Jürgen Hentsch, Pierre Franckh, Hans-Michael Rehberg, Matthias Fuchs, Marek Harloff, Christian Honhold, Rainer Feisthorn

Filmkritik: Wir Scheiben das Jahr 1924. Ein äußerst grausamer Kriminalfall in Hannover erregt weltweit die Gemüter. Der Kaufmann Fritz Haarmann (Götz George) gesteht aufgrund von erdrückenden Beweisen diverse junge Männer getötet und auf bestialische Art und Weise zerstückelt zu haben. Im August 1924 beginnen die sechswöchigen Untersuchen, geführt von Prof. Dr. Ernst Schultze (Jürgen Hentsch)…

Kammerspiele sind so eine Sache. 90 oder gar 120 Minuten eines Films spielen nur in einem einzigen Raum mit einem einzigen Schauspieler? Das ist eine Gegebenheit der man etwas Faszinierendes abgewinnen muss oder man wird das nicht durchstehen. Klassiker des Genres sind „12 Angry Men“ oder auch „Rope“ von Alfred Hitchcock. 1995 kam solch ein Film aus Deutschland. Das Werk hört auf den Namen „Der Totmacher“ und gilt für viele als bester Film mit Schauspieler Götz George.

George spielt in „Der Totmacher“ den Mörder Fritz Haarmann der mindestens 24 junge Männer auf dem Gewissen hat. Aus den Aufzeichnungen während der 6 Wöchigen Verhöre hat Regisseur Romuald Karmakar ein bedrückendes Kammerspiel gebastelt. Der Film kommt mit gerade einmal 3 festen Hauptrollen bzw. mit insgesamt 8 Schauspielern aus. Doch die meiste Zeit des Films ist die Kamera sowieso auf Götz Geroge als Haarmann gerichtet sowie im Wechsel auch immer auf den Leiter des Verhörs, Prof. Dr. Ernst Schultze (Jürgen Hentsch).
Eine besondere Rolle kommt zudem dem praktisch Stummen Stenograph zu gute. Zwar mag seine Rolle in diesem Film völlig belanglos sein, abgesehen von den seltenen Interaktionen zwischen ihm und Haarman, doch ohne diese Figur hätte es den Film nie gegeben, basiert „Der Totmacher“ doch auf den Protokollen von eben diesem.

"Sind Sie denn etwa besser als ein Puppenjunge?!"

Das Gespräch fängt zunächst harmlos an, indem der Geisteszustand von Haarmann festgestellt wird. Mit einfachen Fragen an welchem Fluss Berlin liegt, wo der Rhein entspringt, wo er hinfließt und durch welche Länder. Irgendwann nähert man sich dann den Homosexuellen Vorlieben von Haarmann an und wie er sich „Puppenjungen“ mit aufs Zimmer nahm und diese, dann und wann, als er morgens aufgewacht ist, tot waren. Haarmann erläutert komplett sachlich wie er die Leichen beiseite schaffen musste, die Brustkörbe aufschnitt, den Darm zerschnitt und Geschlechtsteile zerteilte und im Klo runterspülte. Hier dreht sich zartbesaiteten Zuschauern mit Leichtigkeit der Magen um, obwohl oder gerade weil Regisseur Karmakar darauf verzichtet die Erzählungen zu bebildern. Er verharrt mit der Kamera auf der treuen Miene von Götz George während dieser in der Figur des Haarmann die grauenhaften Geschichten auspackt. Unheimlich, bedrückend aber auch packend zugleich.

"Ich bin der beste Mensch von Hannover!"

Durch die Beschränktheit des Sets und der immer gleichen Darsteller über die Laufzeit von 110 Minuten baut man ein ganz eigenes Verhältnis zu den Figuren um. Der scheinbar nicht aus der Fassung zu bringende, stets sachliche Prof. Dr. Ernst Schultze ist auf seine ganz eigene Art unterkühlt. Aber auch Haarmanns Figur schwankt hier und da. Die ein oder andere Reaktion von ihm zu seinen scheußlichen Erzählungen oder den Anmerkungen von Dr. Schultze ist derart abstrus bzw. unerwartet, dass man sich ein Grinsen nicht verkneifen kann, was einem bei einem Blick in Götz Georges Augen aber auch sogleich im Halse stecken bleibt.

Mit „Der Totmacher“ ist Regisseur Romuald Karmakar einer der besten deutschen Filme der 90er gelungen. Abseits des Mainstreams angelegt, lebt der Film besonders vom eindringlichen Schauspiel des Götz George, dem man jederzeit den irren Massenmörder abnimmt.

Filmbewertung: 8/10