The Master

The Master
Originaltitel: The Master – Erscheinungsjahr 2012 – Regie: Paul Thomas Anderson



Darsteller:
Philip Seymour Hoffman, Joaquin Phoenix, Amy Adams, Laura Dern, Rami Malek, Jesse Plemons, Kevin J. O’Connor, Jillian Bell, W. Earl Brown, Ambyr Childers, Lena Endre, Fiona Dourif

Filmkritik: Als Ex-Soldat Freddie (Joaquin Phoenix) den charismatischen Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffman) kennenlernt, ändert sich sein Leben schlagartig. Bisher ertränkte der heimgekehrte Kriegsveteran seine innere Leere mit Alkohol und Frauen, aber durch Dodd findet Freddie wieder Halt im Leben: Der selbsternannte Philosoph hat eine eigene, rasch wachsende Glaubensgemeinschaft gegründet und wird von seinen Anhängern nur „The Master“ genannt. Der labile Freddie ist fasziniert von seinen Lehren und steigt zu Dodds rechter Hand auf – scharf beobachtet von dessen berechnender und eiskalter Frau Peggy (Amy Adams). Doch bald entstehen bei Freddie erste Zweifel an den totalitären Methoden und Lehren des „Masters“…

Paul Thomas Andersons „There Will Be Blood” war 2007 ohne Frage einer der großen Oscar-Anwärter und ein einfach fantastischer Film, der für jede seiner Nominierung den Oscar verdient hätte. Leider reichte es dann „nur“ für die Oscars des besten Hauptdarstellers und der Cinematography.
Nach „There will be Blood“ wurde es lange Still um Regisseur und Autor Anderson, bis es einige Monat vor Kinostart plötzlich hieß das er einen neuen Film Entwickelt hat, „The Master“, in dem es grob um eine Sekte gehen sollte. Die Vorfreude war natürlich immens. Doch wie das oft so ist, leider kann der Film der Vorfreude nicht so ganz gerecht werden und Anderson nicht an „There will be Blood“ anknüpfen. Der Film ist bei der diesjährigen Oscarverleihung auch „nur noch“ für seine Darstellerleistungen nominiert worden, dies aber sogar ganze dreimal. Doch das Signal ist eindeutig, denn beim Drehbuch, der Art Direction, dem Editing und auch der Cinematography bleibt der Film klar hinter Andersons letztem Film zurück. Doch alles nacheinander.

Die Einführung von Joaquin Phoenix‘ Figur Freddie zu Beginn von „The Master“ gibt bereits einen guten Ausblick auf den Rest des kommenden Films. Man hat es zu tun mit einem zutiefst verstörten Mann. Ein Mann der Soldat war und der irgendwie versucht in der Wirklichkeit klar zu kommen. Wobei, versucht er das überhaupt? Er trinkt in einer Tour, pöbelt praktisch jeden an der ihn nur schief anguckt und liefert sich auch gerne mal handfeste Schlägereien.
Phoenix spielt die Figur auf seine ganz eigene, praktisch unnachahmliche Art. Doch die Figur wird als Hauptdarsteller bereits nach der Einführung denkbar ungeeignet. Man hat es als Zuschauer extrem schwer, auch nur irgendwas an der Figur zu finden was einen fesselt, was einen dazu bringt mit dieser Figur den Film zu erleben. Freddie ist eben ein echter Kotzbrocken und er bleibt das auch den ganzen Film über. Läuterung, Entwicklung zum Guten? Ausgeschlossen!
Freddie ist definitiv eine gut geschriebene Figur und Phoenix spielt diesen Menschen sehr gut, aber er funktioniert einfach nicht als Leading-Man.

Die Situation entschärft sich etwas, wenn der Titelgebene Master dazukommt in der Gestalt von Philip Seymour Hoffman. Zwar ist auch er, wie praktisch jeder Charakter in „The Master“, kein einfach zu nehmender Zeitgenosse (was auch dem Overacting zuzuschreiben sein mag), aber er spielt die Figur trotzdem auf einem derartig hohen Level, das man es zum einen schafft zu verstehen was Freddie in ihm sieht und diesen Wert der Anerkennung auch auf sich selbst umzubiegen. Hier liegen klar die Stärken von „The Master“ verborgen.

Doch Paul Thomas Anderson gelingt es diesmal nur äußerst selten diese fantastischen Momente zu kreieren von denen „There will be Blood“ lebte. Allein dessen Anfangssequenz ist bei Filmfans auf der ganzen Welt im Gehirn eingebrannt. Bei „The Master“ gibt es nur wenige Szenen die dies im Ansatz wiederspiegeln können. Dazu gehört aber z.B. eine Szene, in der Freddie auf einem Motorrad über einen ausgetrockneten See düst und sich somit immer weiter von seinem Master entfernt. Ein Wendepunkt der Geschichte, nahezu perfekt eingefangen. Leider nur ein kleiner Brocken im Gesamtwerk, das ohne roten Faden daher kommt und die Einzelszenen nur mit Mühe zusammenhalten kann.

Es mag zum Teil auch die hohe Erwartungshaltung sein, denn Anderson hat mit „There will be Blood“ die Messlatte einst derartig hoch gelegt, dass er sich selbst schon mal eine Jahrelange Schaffenspause auferlegt hatte. Das er für ein Quasi-Comeback nun diesen eher schwer zugänglichen Stoff gewählt hat mag in erster Linie wohl persönliche Präferenz gewesen sein, doch im Nachhinein wäre eine andere Thematik dem Ganzen Vorhaben wohl doch förderlicher gewesen. So aber verzettelt sich nahezu der gesamte Film in einer nicht allzu spannenden und mit schwierigen Figuren gefüllten Geschichte, der Anderson wohl sogar noch das bestmögliche abgewonnen hat.

Filmbewertung: 6/10