Anna Karenina

Anna Karenina
Originaltitel: Anna Karenina – Erscheinungsjahr 2012 – Regie: Joe Wright



Darsteller:
Keira Knightley, Aaron Johnson, Jude Law, Matthew Macfadyen, Olivia Williams, Kelly Macdonald, Michelle Dockery, Emily Watson, Holliday Grainger, Ruth Wilson, Domhnall Gleeson, Alicia Vikander,

Filmkritik: Tolstois leidenschaftliches Liebes- und Ehedrama Anna Karenina gehört zu den ergreifendsten Romanen der Weltliteratur. Im Fokus der spannungsgeladenen Handlung, die Ende des 19. Jahrhunderts in Russlands feiner Gesellschaft spielt, steht die junge und bezaubernd schöne Anna Karenina (Keira Knightley), die in unwiderstehlicher Liebe dem Offizier Graf Vronskij (Aaron Taylor-Johnson) verfällt. Zerrissen zwischen dieser tiefempfundenen Leidenschaft, die ihr die Kraft gibt, aus der langjährigen glücklosen Ehe mit Aleksei Karenin (Jude Law) auszubrechen, und der Liebe zu ihrem Sohn, entscheidet sie sich schließlich für den Geliebten und verlässt ihre Familie. Als sie erkennt, dass sie für ihren „Fehltritt" von der Gesellschaft geächtet wird, und sich mit der Zeit auch Graf Vronskij immer mehr von ihr entfernt, trifft sie eine bittere Entscheidung …

„Tolstoi, schwere Kost“ wussten schon die beiden Klitschkos in ihrem wohl bekanntesten Werbespot. Und so wirklich unrecht hatten sie damit nicht, auch wenn viele Literatur-Kritiker sich anschließend beschwert haben, dass die beiden die Bücher des russischen Schriftstellers so für viele Generation als „unlesbar“ gebrandmarkt haben. Der Autor gibt hiermit vor dem Review zumindest freimütig zu, noch nie ein Buch von Lew Nikolajewitsch Tolstoi gelesen zu haben. Doch wenn Joe Wright („Wer ist Hanna?“) eine Tolstoi-Verfilmung inszeniert und das Ganze sogar noch für 4 (Neben-) Oscars nominiert wird, kann ja schon mal nicht alles schlecht und sperrig sein.

Die Einführung in den Film gestaltet sich schwierig aber auch höchst interessant zugleich. Schwierig zum einen weil man völlig ohne Kontext in die Geschichte geschmissen wird. Wenn man vorher noch nicht mal eine Inhaltsangabe kannte, hat man praktisch von Beginn an das ein oder andere Problem und muss sich erst mal die Komposition selbst zusammenreimen.
Höchst interessant ist der Film aber bereits im Punkte der Cinematography, wofür der Film völlig zu Recht nominiert wurde. Denn Regisseur Wright und sein Team inszenieren viele Szenen des Films in einem virtuellen Theater. Es werden während einer Szene Wände hochgezogen, neue aufgestellt und die Darsteller laufen durch eine Tür aus einem Raum raus und finden sich plötzlich in einer gänzlich anderen Szenerie wieder. Es gibt Tribünen für Zuschauer und auch eine typische Theater-Bühne. Dieses Setting wirkt bereits für normale Dialogszenen herrlich skurril und gibt dem Film seinen ganz eigenen Charme.
Spätestens aber wenn ein Pferderennen in der Geschichte nicht auf einer echten Pferderennbahn gefilmt wurde sondern sich die Zuschauer/Charaktere auf den Tribünen des Theaters einfinden und die Pferde anschließend über die Theaterbühne rennen, jeder der Anwesenden diesen Umstand aber als völlig normal ansieht, hat man diese eigenwillige Art den Film zu inszenieren zu lieben gelernt.

Vor allem aber lenkt die Set-Gestaltung des Films von der doch allzu unspannenden Geschichte des Films ab. Wer mit wem und warum mit dem und wieso nicht mit dem eigenen Mann klingt auf dem Papier nach einer pfiffigen Dreick- oder gar Sechseck-Geschichte, wirkt dann im Film aber leider nur noch leidlich spannend und zieht sich in bestimmten Szenen wie Kaugummi.
Das mag im Buch anders rüberkommen oder aber den Film trifft hier gar keine Schuld und im Buch ist dies genau so, oder (wohl am wahrscheinlichsten) der Autor dieser Zeilen hat aufgrund von zu wenig Tolstoi-Konsum einfach keine Ahnung wovon er hier schreibt.

So ist „Anna Karenina“ am Ende ein recht schwergängiges Liebesdrama mit fiesem, unvermeidlichem Ende und einer durchweg höchst kreativen Art all das auf die Leinwand zu bringen. Angefangen von den tollen Kostümen bis hin zur Idee die Theaterszenerie immer wieder in die Szenen einzubauen, selbst wenn diese gar nicht im Theater spielen können, gibt sich Regisseur Joe Wright viel Mühe sein Werk auf seine Art Bildgewaltig und interessant zu machen. Das gelingt ihm nicht durchgehend, aber es lockert das neckische Beziehungstreiben doch angenehm auf.

Filmbewertung: 6/10