Phoenix Wright – Ace Attorney
Originaltitel: Ace Attorney – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie:Takashi Miike
Darsteller: Hiroki Narimiya, Takumi Saitô, Mirei Kiritani, Akiyoshi Nakao, Shunsuke Daitô, Akira Emoto, Rei Dan, Mitsuki Tanimura, Takehiro Hira, Eisuke Sasai, Makoto Ayukawa, Kimiko Yo u.A.
Filmkritik: Hach ja. Takashi Miike mal wieder. Es dürfte ohnehin kaum einen Filmgucker geben, der den begnadeten japanischen Regisseur nicht kennt … Oh. Sehe ich da, ähem, so ziemlich alle Hände oben? Ok, einmal in Kürze: In den 90ern mit DTV und Yakuza-Streifen bekannt und beliebt geworden, hat sich der extrem fleißige Regisseur (mehr als vier Filme pro Jahr manchmal und die Schlechtesten waren mindestens leicht überdurchschnittlich) im ersten Jahrzehnt der 2000er bis in die absolute A-Liga Japans vorgekämpft. Er wird geliebt von Quentin Tarantino und dreht einen visuellen, wie auch inhaltlich überzeugenden Kracher nach dem Anderen. …und das muss als Einleitung jetzt einfach mal genügen.
Das alte Thema „Videospielverfilmung“
Letztes Jahr erschien von Miike (zumindest in Japan, bei uns leider erst ein Jahr später) „Phoenix Wright – Ace Attorney“. Die Verfilmung einer beliebten Spielereihe für Nintendos aktuelle Game Boy-Generationen. Die Games waren bunte Gerichts-Thriller voller Verhöre, Spurensuche und liebevollen Details, in einer typischen Anime-Ästhetik. Und, wie konnte es auch anders sein, Miikes Streifen wurde weltweit ziemlich abgefeiert und als „die wohl beste Videospielverfilmung aller Zeiten“ abgefeiert. Die Spiele waren halt eine dankbare Vorlage mit ihren gar nicht mal so unkomplexen Kriminalfällen, bei denen durchaus schon mal überzogene Verkleidungen, Geisterbeschwörungen oder Papageien in den Zeugenstand gerufen werden.
Dabei ermittelt der titelgebende „Phoenix Wright“ auf sympathische, wenn auch etwas chaotische Art und hat immer wieder geniale Gedankenblitze, welche ihn in letzter Sekunde retten. Denn, ebenfalls ein Problem, die naher Zukunft angesiedelte Handlung basiert ebenfalls darauf, dass zukünftig wegen der Überbevölkerung und der hohen Verbrechensrate sämtliche Urteile nach drei Tagen Verhandlung feststehen müssen. Ein weiterer Punkt, welcher dem Geschehen den nötigen Drive gibt.
Insgesamt gibt es nur ein großes Problem des Films: Seine Hauptfigur. Phoenix Wright ist idealistisch, etwas chaotisch und … das war es schon. Während des Geschehens gibt es zahlreiche Einblicke in viele andere Charaktere, selbst eigentlich alle Schurken oder zumindest „grauen“ Figuren bekommen deutlich mehr Persönlichkeit, als der extrem seiner Vorlage getreu nachgebildete Wright. Optisch stimmt da alles, aber bleibt eben ziemlich eindimensional. Selbst der Love Interest, welcher nach dem ersten Fall für die weiteren zwei – die allesamt mit einander verbunden sind – übernommen wird, hat dieses Problem etwas. Nach ihrem ersten Auftauchen in Einsatz im ersten Fall, ist sie wenig mehr als (wunderhübsche) Ausstattung.
Etwas mehr Hintergrundgeschichte wäre wünschenswert gewesen, obwohl durch die Interaktion mit den zahlreichen anderen Figuren sich Phoenix Wrights Charakter klar abzeichnet. Vielleicht gibt es ja in einer möglichen Fortsetzung irgendwann mal ein Eintauchen in die Vergangenheit des Protagonisten? Es bleibt zu hoffen…
Apropos Ausstattung: Das Anime-Design so ziemlich aller Charaktere, die riesigen Projekten, auf denen Beweismittel festgehalten, herangezoomt oder präsentiert werden, der vielfarbige, lebendige Comic-Look: All dies ist einfach eine Wucht.
Die Musik steht dem in nichts nach und passt sich den dramatischen, genauso wie humoristischen Situationen perfekt an. Bei der Präsentation gibt es so ebenfalls nichts zu meckern.
Papageien und Geister im Zeugenstand
Und die insgesamt drei Kriminalfälle? Großartig! Man ist als Zuschauer ganz nah mit dabei, wie Phoenix Wright sich hocharbeitet von Mini-Gerichtssälen, bis er zum Schluss einen wahren Jahrhundertprozess beschreitet. Zu Anfang witzig und erklärend für den folgenden Stil, wird die Handlung ebenfalls zunehmend dramatischer, weshalb die komödiantischen Situationen etwas in den Hintergrund geraten.
Am Ende kann man „Phoenix Wright – Ace Attorney“ allen Leuten empfehlen, die Spaß haben an guten Gerichts-Krimis, aber gleichzeitig auch einem überzeichneten Comic-Look zugetan sind. Oder diesen zumindest nicht ablehnen. Eine rasante Krimi-Handlung, eine fantastische Optik und passende Darsteller, die sich engagiert in die jeweiligen Situationen werfen – egal, ob es jetzt Slapstick ist, oder eine tief dramatische Offenbarung – hier stimmt, so ziemlich, alles. Und das Geschehen ist dabei so flott, dass auch erst im Nachhinein auffällt, dass Phoenix Wright wenig mehr ist als die idealistische Personifizierung des Spielers, bzw. Zuschauers, der den mysteriösen Vorgängen auf den Grund gehen will.#
Die beste Videospielverfilmung?
Aber ist dies „die beste Videospielverfilmung aller Zeiten“? Zu erst: Ich hasse dieses „aller Zeiten“, ihr auch? Eigentlich müsste es ja „die beste Videospielverfilmung BIS JETZT“ heißen, oder ist der Punkt, dass es eben impliziert ist, weil man ja eben nicht weiß, was vielleicht noch kommt und mit „aller Zeiten“ die vorhergegangenen gemeint sind? (Das nur mal so als philosophischer Exkurs.) Wie gesagt, die Formulierung ist nicht meins.
Und vom generellen Fakt her? Gibt es bessere Videospieladaptionen? Puh. „Silent Hill“ vielleicht? Wobei dort auch einiges geändert wurde und der Streifen trotz allem mit einigen Problemen zu kämpfen hatte? Hm, eher nicht. „Tomb Raider“? Wohl eher auch nicht, obwohl man(n) Angelina Jolies Brüste (RIP) nach der Sichtung (im „richtigen“ Alter) wohl für immer in guter Erinnerung haben wird.
„Street Fighter“ oder „Mortal Kombat“? Eh, nein. Was ist mit „Doom“? Oder den „Resident Evil“-Filmen? Ganz sicher: No! Und die Akkuratheit der Verfilmungen von „House Of The Dead“, „Alone In The Dark“, „Bloodrayne“ oder „Far Cry“ brauchen wir an dieser Stelle nicht zu besprechen, oder?
Im Endeffekt dürfte es also vielleicht sogar stimmen. „Phoenix Wright – Ace Attorney“ ist WAHRSCHEINLICH die beste Videospielverfilmung. Bis jetzt. Was allerdings auch damit zusammenhängt, dass eben ein Spiel rund um dramatische Gerichtsfälle wohl deutlicher „ernster“ aufgenommen werden kann, als eine dickbrüstige Archäologin, welche Bösewichte und mythologisches Viechzeugs wegballert. Oder Kampfturniere voller bizarrer Kampfstile. Oder Zombies. Oder Uwe Boll.
Auch wenn all dies schlussendlich nichts über die Unterhaltungswirkung aussagt. „Phoenix Wright“ hat mehr Substanz, klar, keine Frage. Aber Jean-Claude van Damme und Raul Julia, die sich gegenseitig durch die Gegend kicken? Uwe Bolls Trivialkino? All dies kann sicherlich auch Spaß machen. Von Lara Crofts Brüsten ganz zu schweigen. Wenn allerdings das Gehirn während des Films ebenfalls mit Blut versorgt werden soll, ja, dann sollte man wahrscheinlich dem „Ace Attorney“ den Vorzug geben.
Filmbewertung: 8/10
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