Wolverine: Der Weg des Kriegers
Originaltitel: The Wolverine – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: James Mangold
Darsteller: Hugh Jackman, Famke Janssen, Will Yun Lee, Svetlana Khodchenkova, Rila Fukushima, Brian Tee, Hiroyuki Sanada, Tao Okamoto, James Fraser, Hal Yamanouchi, Garret Sato, Luke Webb u.A.
Filmkritik: Wolverine ist traurig, weil er Jean Grey (Famke Janssen) – eine Figur aus dem X-Men Universum und den Teilen 1-3 – umgebracht hat, als diese drohte Amok zu laufen. Der haarige Mutant – auch Logan genannt – wird nach Japan gelockt, wo ein alter Bekannter seine Mutantenkräfte stehlen und seine Selbstheilungskraft außer Gefecht setzen will. „Damit du endlich sterben kannst!“ Wolverine sagt: „Öh, naja, ne, danke, schönen Tag noch!“, muss dann eine Großkonzernerbin kurz beschützen und merkt dank der scharfen Asiatin, dass das Leben doch noch ein paar angenehme Seiten hat. Dann gibt es Action, einen Cyborg sowie eine wortwörtliche giftspritzende Mutantenbraut im Finale, The End.
Die Bizarro-Variante von Wolverine Origins?
Nachdem der erste Solo-Film von Wolverine damit zu kämpfen hatte, viel zu viel Story auf viel zu wenig Zeit viel zu weichgespült präsentieren zu wollen, gibt es nun beim „Weg des Kriegers“ interessanterweise das Gegenteilige Problem.
Anstatt Highlander-artig mit Rückblicken und Momenten aus der Vergangenheit zu spielen, was zumindest ansatzweise bei „Origins“ gemacht wurde, wenn auch chronologischer, wurde nun zu Gunsten einer simpleren Geschichte über Bord geworfen. Ein Rückblick am Anfang mit einer kurzen Situation, der Rest der Geschichte spielt nach „X-Men 3“. Und Logan kommt eben nach Japan, um einen Kerl, den er während des Atombombenabwurfs gerettet hat, auf dem Sterbebett Lebewohl zu sagen. Intrige, Action, fertig. Zwischendurch gibt es kurzes Bonding mit der zu beschützenden Herzensdame, aber alles was unser Hauptcharakter in Japan gelernt hat ist: Die Bedeutung des Wortes „Ronin“ und dass man ein Schwert mit zwei Händen zu halten hat. Nicht einmal Esstäbchen kann er richtig benutzen, geschweige denn die Sprache oder lernt irgendwas von der Kultur. Anstatt eines tollen Popcorn-Werkes wie „The Last Samurai“ gibt es vor allen Dingen eine Sache beim „Weg des Kriegers“: Unglaublich viel Leerlauf.
Die Action ist ganz nett inszeniert, wenn auch ziemlich zahnlos. Einzig ein paar kurze Momente auf dem Dach eines Hochgeschwindigkeitszuges stechen da in Sachen Überzeichnung und Einfallsreichtum aus dem Durchschnitt heraus. Hier und da gibt es zumindest den Ansatz von Blut zu sehen, laut Regisseur Mangold soll sogar noch eine erweiterte Fassung kommen.
Aber ansonsten? Eine kurze Schwertkampf-Sequenz auf dem klassisch möblierten Dach eines Anwesens hat noch ihren Charme und atmet wie manche Einstellungen den Geist des japanischen Kinos. Aber vielleicht sind das ja auch nur all die Yakuza, die durchs Bild laufen. Und ein gutes Beispiel zur Lahmheit ist folgendes Element: Es gibt Ninjas. „Wow, Wolverine Vs. Ninjas?!? Geile Sache!“ Naja. Nicht wirklich, denn nachdem er zwei von ihnen auf die Nase gehauen hat, läuft unser Held einfach stur gerade aus, während gut um zwanzig Ninjas Pfeile mit Seilen in seinen Rücken schießen und ihn so zur Strecke bringen. End Of Scene.
Wo „Wolverine: Origins“ mit zu viel Inhalt zu kämpfen hatte, hätte „Wolverine: Weg eines Kriegers“ das absolute Potential dazu gehabt, mit der Grundgeschichte in Japan ein toller Selbstfindungstrip mit guter Action werden zu können, verliert sich aber eben in endlosen Nichtigkeiten und verschenkte einige Chancen auf erinnerungswürdige Szenen.
Die X-Men – Film 3.6?
Manch einer wird sich noch erinnern, direkt nach „X-Men 3“ gab es das ziemlich definitiv klingende Gerücht, dass direkt ein Solo-Film von „Wolverine“ kommen und die klassische Japan-Storyline des Charakters verarbeiten würde. Aber das Studio hat sich quer gestellt, wollte erst einmal einen „Origins“-Film haben – auch weil damals mit der Idee zu „Magneto: Origins“ und Co. gespielt wurde und man dieses „Sub-Franchise mal testen wollte – und so kam es eben zum ersten Solo-Streifen.
Nachdem dieser ziemlich Zwiespältig angenommen wurde, kamen alle wieder zusammen und meinten wohl „Hey, lasst uns doch das machen, was wir ursprünglich tun wollten!“ Gesagt, getan und voila, „Wolverine: Auf dem Kriegspfad“, oder so, bekam grünes Licht. Mit dieser Geschichte im Hinterkopf macht es dann auch deutlich mehr Sinn, dass das gesamte dramatische Potential komplett vor die Wand gefahren wurde. Für einen „Stand-Alone-Film“ zumindest, was „Wolverine 2“ hier witzigerweise auch nicht wirklich ist.
Zum Einen ist das große Problem der Jean Grey-Subplot. Diese ist am Ende von X-Men 3 eben durch Wolverine getötet worden, nachdem sich während des Verlaufs der drei Filme eine zarte Liebesgeschichte zwischen den Beiden entwickelt hatte. Anstatt Logans Selbstfindung oder Lebensschwermut ordentlich in Bilder zu fassen und vielleicht andere Vergangenheitsmomente zu benutzen, welche vielleicht durch seine Anwesendheit in Japan zu Tage gefördert werden, gibt es nur Famke Janssen in Unterwäsche während ein paar Traumsequenzen. Gut, man sollte sich nicht über so etwas beschweren, aber es ist schon ein verdammtes Armutszeugnis, dass nicht einmal ein Rückblick, oder sonst irgendwas näher darauf eingeht wer zum Teufel diese Frau eigentlich ist und warum Wolverine von ihrem Tod so gequält wird. „X-Men 3“ ist von 2006! In der Zeit die seit Teil 3 vergangen ist, sind manche Franchises bereit ge-reboot-ed worden und die Macher sind ernsthaft so faul einfach anzunehmen, dass die Zuschauer schon wissen, was da oben abgeht? Es ist ja nicht einmal so, dass das der letzte X-Men-Film vorher gewesen wäre, nein, denn das war „X-Men: First Class“, der eine komplett andere Generation von Mutanten behandelt hat. Sprich: der gesamte emotionale Fokus ist in drei anderen Filmen, denn „Wolverine 2“ behandelt nur die Nachwehen des Geschehens. Wow. Selbst Fortsetzungen innerhalb einer Serie haben Rückblicke. So ein heftiges Maß an Vergangenheitsanbiederung hat es bei Superheldencomics seit „Superman Returns“ (Gott sei Dank) nicht mehr gegeben.
Das Problem mit dem Jean Grey-Plot? Dadurch das nichts wieder aufbereitet wird, nichts thematisiert oder verarbeitet wird, sondern ständig nur ein „Ich bin tot, komm zu mir, ist doch doof so ohne mich, oder?“ über die Lippen der toten Geliebte kommt, sind die Traumsequenzen mit ihr einmal mehr langatmig und schlicht zum größeren Teil überflüssig. Ein existenzielle Problem, dass Logan ja ewig lebt, wird dabei nur unglaublich flach und sich wiederholend angesprochen. Immer die gleiche Szene von Anfang bis zum Ende, wo Wolverine dann meint: „Nö Jean, geh weg. Ich hab je scharfe Asiatin und neue Power. Alles cool!“ Wow. Es scheint ernsthaft so, als habe man das alte Skript von 2006 ohne viel Überarbeitung einfach nur verfilmt und sich nicht einmal ansatzweise Gedanken um die Wirkung gemacht. Sehr schade.
Das andere Problem des „Nicht-Ganz-So-Stand-Alone“-Films ist die „Credit-Sequence“, die typische Szene im Abspann, welche Lust auf den nächsten Film machen will. Und das gelingt hier auch, keine Frage, denn plötzlich latschen Magneto und Professor X einfach nur in den Raum! Und gerade wenn man denkt: „Oh yeah, jetzt geht es los!“ kommt die schreckliche Realisierung, dass man ja gerade bereits im Abspann von „Wolverine: Weg des Kriegers“ sitzt und nicht im Vorspann von „The X-Men: Days Of Future Past“. Na, super.
So schlimm ist es nun auch wieder nicht…
….nein, wirklich, auch wenn sich das Alles bislang ziemlich vernichtend anhört, so ist der eigentliche Kern des Films durchaus … ok. Hugh Jackmann ist gut wie immer, die asiatischen Darsteller sind klasse und die Darstellerin sehen zusätzlich auch noch klasse aus. Netter Bonus. Manche Bad-Ass-Momente funktionieren und die zweite Hälfte des Geschehens enthält zumindest einen größeren Teil an Action, welche das Nichts an Handlung und Aktionen zuvor ganz gut auflockern. Die eigentlichen Design-Entscheidungen sich ebenfalls hübsch anzuschauen und der bereits erwähnte japanische Flair, welcher den gesamten Film durchzieht, sorgt zusätzlich für einige Pluspunkte.
Und sollte man den Film direkt chronologisch folgend nach „X-Men 3“ schauen, funktioniert sicherlich auch die emotionale Basis deutlich besser. Was das im Endeffekt alles in kalten, harten Punktebewertungen ist? Puh. Gute Frage. Wer Spaß an „Wolverine“ hat, sollte sich den Streifen durchaus anschauen, alle Anderen sind wohl ebenfalls gut damit beraten nachher die – hoffentlich in diesem Fall auch wirklich erscheinende – Unrated-Fassung auf DVD/Blu anzuschauen.
Oh. Und ich habe mich nicht informiert, aber ich tippe mal stark darauf, dass die 3D-Variante eine Konvertierung ist. Und zwar eine nicht sonderlich gut gemachte. Der Aufschlag ist da ziemlich vergessenswert, selbst bei etlichen Panorama-Momenten zwar eigentlich kaum Tiefenwirkung zu spüren, wobei und da natürlich durchaus wahrnehmbare Effekte vorhanden waren. Insgesamt aber eben absolut zu vernachlässigen.
Also, wie sieht die Bewertung aus? Na, sagen wir dank Japan-Bonus mal
Filmbewertung: 6/10
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