The Fifth Estate – Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt

Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt
Originaltitel: The Fifth Estate – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Bill Condon

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Darsteller: Benedict Cumberbatch, Daniel Brühl, Carice van Houten, Alicia Vikander, Stanley Tucci, Laura Linney, Anthony Mackie, Dan Stevens, Peter Capaldi, David Thewlis, Moritz Bleibtreu, Jamie Blackley u.A.

Filmkritik: Ja, die Geschichte rund um die Entstehung (und den Fall) von Wikileaks ist sehr social-network-ig geworden. Aber das ist nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Julian Assanges – der „weird white-haired guy“, der eben Wikileaks gegründet hat – Porträt allein ist schon interessant genug, ganz zu schweigen von den globalen Ausmaßen, die seine Geschichte annimmt. Daniel Brühl ist dabei als der „stille Partner“, der so ziemlich vom Anfang mit dabei war und nachher jener ist, der mit seiner Moral das Schiff zum kentern bringt.

Allein der starke Konflikt dieser beiden „Freunde“ erinnert dabei stark an das soziale Netzwerk, aber „so war das halt“. Die Inszenierung von Bill Condon, dessen stilvolle Inszenierung des großartigen „Gods And Monsters“, des eigenwilligen „Kinsey“s sowie des abschließenden „Twilight-Zweiteilers ‚Bis(s) zum Ende der Nacht‘“– jupp, I went there – schon äußerst gelungen war, überzeugt einmal mehr mit ausgemacht stylischer Bildkunst, deren Schwenks, Blenden und andere optische Tricks im Dienste der Handlung stehen.
Etwas zu viel sind jedoch Momente, in welchen – quasi einer Traumebene gleich – die Gefühle und Situationen expressionistisch dargestellt werden. Zu viel deshalb, weil bereits das eigentliche Geschehen diese Momente so gut einfängt, dass der Wechsel zu einer weiteren Ebene schlicht unnötig ist. Den Emotionen und Ereignissen wurde bereits „in der wirklichen Welt“ inszenatorisch ausreichendes Gewicht verliehen, da braucht es nicht die zusätzliche Visualisierung. Obendrauf kommt, dass für das Gelingen solch einer weiteren Ebene ein viel besserer Kontrast zur „Wirklichkeit“ hätte dargestellt werden müssen. So heben sich beide Perspektiven nicht sonderlich von einander ab, was die fantastischeren Momente – etwa eine Million Assanges die hinter Schreibtischen sitzen, gruselig – ebenso wie die und die „realen“ Sequenzen – wie etwa Brühl mit angestrengter Miene bangend hinter einem Monitor – ihrer Wirkung beraubt, da immer wieder von einem zum anderen geschnitten wird, ohne dass die jeweiligen Situationen ihre gesamte Kraft entfalten können.

Das zweite und letzte Problem von „Inside Wikileaks“ ist die Unsicherheit des Drehbuchs, welches konstant sicherstellen will, dass auch wirklich jeder im Publikum auch ALLES verstanden hat. Die expressiven Fantasie-Momente sind sicherlich ebenfalls diesem Umstand zuzuordnen. Aber wenn spätestens kurz vor dem Ende die dahingehend schlimmste Szene kommt, in welcher ein Charakter DIE GESAMTE FILMHANDLUNG REZITIERT UND DIE MORAL DER GESCHICHTE SOWIE SEINER FIGUREN DIREKT IN DIE KAMERA SPRICHT ist die Grenze vom eindeutigen hin zum Holzhammer weit, weit überschritten worden. Glücklicherweise sind solche Momente nicht allzu stark vertreten, aber wenn, dann fühlt man sich schon etwas angegriffen, frei nach dem Motto: „Hey, du. Ja, DU, du Vollidiot in Reihe 7, Platz 35, also, was du bislang vielleicht trotz offensichtlicher Erzählweise noch nicht verstanden hast…“

Der Rest ist jedoch vorzüglich. Brühl ist erstklassig, das Gleiche gilt für Cumberbatch, auch wenn das Drehbuch seinen Hintergrund nur anreißt und auf verschiedene Elemente – etwa die erst im Abspann erwähnten Vergewaltigungsvorwürfe – nur ziemlich am Rande eingeht. Die restlichen Darsteller sind auf gleichwertig hohem Niveau und machen ihre Sache ausgesprochen gut, der Soundtrack ist treibend und verbindet die verschiedenen Situationen und Entwicklungsstufen des Projekts „Wikileaks“ gekonnt miteinander. Im Endeffekt ist es kein Erfolg auf ganzer Linie, aber ein nichts desto trotz gelungener Film zu einem kontroversen Thema, der nur manchmal zu sehr darauf bedacht ist bei seiner Inszenierung „auf Nummer sich“ zu gehen.

Filmbewertung: 7/10