The Physician – Der Medicus

Der Medicus
Originaltitel: The Physician – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Philipp Stölzl

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Darsteller: Stellan Skarsgård, Emma Rigby, Ben Kingsley, Olivier Martinez, Elyas M’Barek, Tom Payne, Michael Jibson, Stanley Townsend, Mohamen Mehdi Ouazanni, Dominique Moore, Michael Marcus, Fahri Yardim u.A.

Filmkritik: Tja. Die Buchverfilmung mal wieder. Mal kann es sein, dass die Verfilmung eigentlich kaum Material der Vorlage verarbeitet, wie etwa bei World War Z. Dem gegenüber steht das andere Negativbeispiel – nur mal auf das generelle Adaptieren des Inhalts bezogen – wenn der Film eher aus einer „Best Of“-Clip-Show des Romans besteht, welche meist mit (viel) Offkommentaren zusammengehalten werden. Das Beispiel in diesem Fall wäre so etwas wie  Ender’s Game. Natürlich können – und sind zum großen Teil sogar – das alles für sich genommen mindestens unterhaltsame Filme, aber Puristen werden da sicherlich ihre Probleme mit haben. Aber hey, man muss schließlich bei der Übersetzung in ein anderes Medium zwangsweise ein paar Sachen ändern. Sehr gut verstanden hat dies Philipp Stölzls „Der Medicus“-Adaption.

Buch, Film und die Buchverfilmung

Dabei kann ich ganz krass zugeben in diesem Fall das Buch erst nach dem Film gelesen zu haben. Aber egal, worum geht es in beiden?
Die Geschichte handelt von einem in Armut aufgewachsenen Jungen, der in die weite Welt auszieht auf der Suche nach ärztlichem Wissen und der Möglichkeit seinen Mitmenschen heilend zu helfen. Dieser Weg führt ihn im Mittelalter über den Kontakt mit einem grummeligen Barder (Stellan Skarsgard, großartig wie immer) bis hin in den fernen Orient und in die Arme eines weisen Gelehrten (Ben Kingsley, der auf die beste Art und Weise hier an seine Jahrhundertrolle als Ghandi erinnert).

Jenseits dieser groben Beschreibung hören die Gemeinsamkeiten dann aber schon auf, da – wie gesagt- bei der Verfilmung so einige Elemente und sogar Figuren ausgetauscht wurden. So fehlt etwa die weibliche Hauptfigur der Vorlage komplett, ist aber halt durch einen anderen Charakter ersetzt worden. Der Hauptfokus liegt – man schaue einmal mehr auf den Titel – beim „Medicus“ an sich. Und dessen Geschichte funktioniert nach wie vor perfekt.

Das Schwelgen in Wissen und Landschaften

Die Genre-Einteilung vom „Medicus“ ist auch nicht so einfach, aber „Abenteuerfilm“ wäre sicherlich das Angebrachteste. Epische Panorama-Momente, verschiedene fremdartige und feindliche Länder und faszinierende Figuren, die ihren lokalen Charme versprühen, lassen den Streifen fast schon wie eine intellektuelle Abenteuer-Geschichte wirken, die es stets schafft die Suche nach mehr Wissen in den Vordergrund zu rücken. So gut sogar, dass man während des Abspanns kurz selbst Lust hat die undokumentierten Geheimnisse des Universums zu erforschen, aber dann später doch irgendwie vom Alltag wieder auf den Boden der Tatsache gezogen wird.

Eine zweiteilige Fassung mit jeweils neunzig Minuten-Film wird es wohl irgendwann auch noch einmal geben, aber bereits die Kinofassung läuft extrem rund. Verschiedene Handlungsebenen wurden vereint und thematisch passende Situationen mit einander verstrickt. So dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass „Der Medicus“ sicherlich mit eine der am besten funktionierenden Roman-Verfilmungen des Jahres ist. Weder braucht man die Vorlage gelesen zu haben, um an gewissen Stellen überhaupt zu wissen was warum wie passiert, noch kommt das überwältigende Gefühl auf, dass man zwischendurch der Laufzeit schuldig wohl einige gute Elemente verpasst hat. Nachdem als Pflichtübung das Drehbuch so gut gelungen war, ging es gleich zur Kür in Form der opulenten Ausstattung. Von den erstklassigen Darstellern, über die ruhige Kamera und den umfangreichen Soundtrack bis hin zum regelrecht perfekten Set-Design. Es ist schwer etwas Schlechtes am „Medicus“ zu finden, wenn man eben kein Buch-Purist ist.

Ein kleiner Moment ist etwas bizarr, wenn kurzzeitig eine Blinddarm-OP aus der Sicht des Blinddarms gezeigt wird, aber ansonsten hält sich das Geschehen mit solchen Eigenwilligkeiten auch nicht auf. „Der Medicus“ ist wunderbare Abenteuer-Unterhaltung für die Feiertage. Wer beim Trailer denkt, dass das alles ja durchaus interessant werden könnte, der sollte während der Festzeit dringend den inneren Schweinehund überwinden und sich ins Kino aufmachen. Tolle Charaktere, eine faszinierende Geschichte und das in epischen Ausmaßen, was will man eigentlich mehr?

Filmbewertung: 9/10