Ben-Hur

Ben-Hur
Originaltitel: Ben-Hur – Erscheinungsjahr: 2016 – Regie: Timur Bekmambetov

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Darsteller: Jack Huston, Toby Kebbell, Rodrigo Santoro, Nazanin Boniadi, Ayelet Zurer, Pilou Asbæk, Sofia Black-D’Elia, Morgan Freeman, Marwan Kenzari, Moises Arias, James Cosmo, Haluk Bilginer, David Walmsley, Yasen Atour

Filmkritik: Durch eine Intrige seines Adoptivbruders Messala (Toby Kebbell) wird der angesehene und wohlhabende Judah Ben Hur (Jack Huston) von seiner Familie und seiner großen Liebe Esther (Nazanin Boniadi) getrennt und als Sklave auf eine römische Galeere gezwungen. Immer wieder mit dem Tod konfrontiert, reift in ihm ein alles bestimmender Gedanke: Rache zu nehmen an dem ehemals geliebten Bruder. Nach Jahren der Qual und Verzweiflung kehrt Ben Hur nach Jerusalem zurück und stellt sich in einem epochalen Wettkampf gegen den Verräter Messala und das gesamte römische Imperium.

Das nächste Remake steht also ins Haus. Mit „Ben-Hur“ hat es immerhin einen Film erwischt, welcher in seiner wohl bekanntesten Form selbst ein Remake war. Die bekannteste Fassung des Films aus dem Jahre 1959, welche mit knapp 4 Stunden fast doppelt so lang läuft wie die hier besprochene Version, war damals selbst ein Remake der Stummfilmfassung aus dem Jahre 1925. Allerdings liegt „Ben-Hur“ zusammen mit „Titanic“ auch immer noch ganz vorne auf der Oscar-Skala, denn mit 11 Preisen hat der Film damals richtig abgeräumt.

Zugrunde liegt aber bei den meisten (der zahlreichen) Verfilmungen eigentlich die Literaturvorlage „Ben-Hur: A Tale of the Christ“ von Lew Wallace aus dem Jahre 1880. Da sich die Handlung der 2016er Version von der 1959er Version an ein paar Stellen leicht unterscheidet (und auch weitaus schneller erzählt ist), wird wohl auch in der neuen Version das Buch zurate gezogen worden sein.

Doch im Grunde folgt der Film abermals der bekannten Rache-Story vom Namensgeber Ben-Hur, der sich an seinem Adoptivbruder rächen möchte und dafür im Finale des Films keinen anderen Ausweg sieht als ein episches Wagenrennen gegen ihn zu bestreiten. Diese Sequenz, welche wohl von den meisten Zuschauern als elementarer Bestandteil von „Ben-Hur“ angesehen wird, wird natürlich auch im Remake entsprechend gewürdigt, doch dazu später mehr.

Die Kernfrage sollte vermutlich sein, wieso es eine neue Version von „Ben-Hur“ geben sollte? Der Sandalenfilm ist momentan wohl ähnlich tot wie der Western. Gut, das hat man vermutlich zu „Gladiator“ damals auch gesagt und wurde nach Sichtung des Films eines besseren belehrt, allerdings muss man trotzdem die Frage stellen, was ein „Ben-Hur“ Remake denn sehenswert machen würde.

Das Epochale, welches das 59er Remake, auszeichnete waren doch vor allem seine beeindruckenden Kulissen, seine Masse an Statisten, seine unglaubliche Laufzeit, sein kantiger Hauptdarsteller. Einfach ein Film welcher im Jahr 1959 undenkbar gewesen sein sollte. Was bleibt davon im Jahr 2016 noch übrig? Im Prinzip leider nichts.

Die Kulissen entstehen heute mit deutlich weniger Aufwand am Computer, computergenerierte Statisten inklusive. Ein vier Stunden Film wäre im Kino wohl das größte Todesurteil was man sich vorstellen kann. In einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen durch das nächste Facebookupdate gesteuert wird, kann man das nicht mehr bringen. Einen Schauspieler mit Ecken und Kanten, der nicht gemocht werden will und der auf die Meinung der anderen keinen Pfennig gibt? Man könnte wohl noch Clint Eastwood dazu zählen, aber der ist mit 86 Jahren auch zu alt für Ben-Hur. Doch welcher Schauspieler sollte sonst geeignet sein in diese Figur zu schlüpfen?

Paramount hat sich entschieden, eine andere Richtung einzuschlagen und den Film mit einer ganzen Reihe von Allerweltsgesichtern zu besetzen. Dem Gelegenheitszuschauer wird wohl lediglich Morgan Freeman ein Begriff sein, der Rest der Darstellerriege ist nicht unbedingt durch größere Leistungen bekannt. Nazanin Boniadi kennt man aus „Homeland“, Jack Huston aus „Boardwalk Empire“, das könnte man so auch mit den anderen Darstellern weiter führen.
Doch hier fängt der Film an zu kriseln. Denn weder die Darsteller noch deren Rollen können irgendwie ihre Geschichte packend vermitteln. So quält man sich durch die ersten 45 Minuten des Films, die sich bereits wie Kaugummi hinziehen. Keiner der Darsteller vermag es zu schaffen, dass man sich für seine Figur interessiert oder an ihrem weiterem Schicksal Anteil nimmt.

Richtig auftrumpfen kann „Ben-Hur“ lediglich in seinen Actionsequenzen. Derer gibt es zwar nicht viele (2 größere Sequenzen sind enthalten) aber diese sind packend inszeniert und reißen den Zuschauer aus dem restlichen Trott des Films heraus. Böse Zungen würden „aufwecken“ schreiben aber das vermeide ich einfach mal.

Ben-Hurs Schicksal als Sklave auf einer Galeere, die in einer Seeschlacht einem anderen Schiff zum Opfer fällt, kommt beeindruckend und überraschend drastisch daher. Zudem gefällt, dass nicht die Schlacht als Ganzes gezeigt wird, sondern die Geschehnisse fast komplett aus der Sicht von unserem Hauptdarsteller gezeigt werden, der sich im Inneren des Schiffes befindet.
Auch das Wagenrennen kann, trotz teilweise allzu offensichtlicher Digitaleffekte und mehr oder weniger bekanntem Ablauf, überzeugen, da es die eine oder andere fiese Szene enthält und mit seiner Ruchlosigkeit abermals überrascht.
Natürlich sollte man jetzt kein „Death Race 33 A.D.“ erwarten, aber besonders im Verlauf des Wagenrennens merkt man dem Film seinen Remake-Charakter an, und zwar positiv.

Doch das sind leider wenige Highlights in einem, mit zwei Stunden irgendwie immer noch zu lang geratenen Film. Die Geschichte kommt ohne Überraschungen daher und wird mutlos und unspektakulär herunterinszeniert. Daran kann auch der etwas ausgedehnte Auftritt von Jesus von Nazareth nichts ändern, welcher zwar seinen Teil zur Geschichte und der charakterlichen Entwicklung von Ben-Hur beiträgt, aber irgendwie dann gleichzeitig auch keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Auch ist eine Handschrift von Timur Bekmambetov nicht zu erkennen. Leider wird man zudem den Eindruck nicht los, dass auch bessere Darsteller aus dem Film keinen besseren Film gemacht hätten.

Am Ende hat man einen durchschnittlichen Sommer-Blockbuster gesehen, welcher sich durch sein Setting zwar einerseits Positiv abhebt (hey, „Ben-Hur“ ist immerhin kein neuer Superheldenfilm geworden) aber andererseits auch keine neuen Impulse setzen kann und zudem immer wieder das Interesse des Zuschauers beinahe gänzlich verliert.

So ist es wohl leider der klassische Fall vom falschen Film zur falschen Zeit. Was Paramount dazu geritten hat diesen – für den Laien vorprogrammierten – Kassenflop in Auftrag zu geben, wird vermutlich für immer ungeklärt bleiben. Nur etwas für Kinoallesgucker oder für knallharte Fans der Vorlage, die aber vermutlich einfach auf die Heimkinoauswertung warten. Wohlwollend:

Filmbewertung: 6/10