Wonder Woman
Originaltitel: Wonder Woman – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: Patty Jenkins
Erscheinungstermin: Ab 15. Juni
Darsteller: Gal Gadot, Chris Pine, Robin Wright, Connie Nielsen, Danny Huston, Elena Anaya, David Thewlis, u.A.
Filmkritik: Die Comicverfilmungen von DC/Warner haben ja bislang etwas zu wünschen übriggelassen. Etwas sehr. Anstatt Helden gab es mehr oder weniger gebrochene Charaktere, die ihren Sinn suchten in einer düsteren Welt voller Grauwerte. Wenig Hoffnung, viel Nihilismus, wenig Heldentum, viel Gewalt. Das kann manchmal ganz cool sein – etwa im Ultimate Cut zu „Batman V Superman“, oder in der wilden Szenenanordnung die sich „Suicide Squad“ nennt – doch so richtig „gut“ war da noch nicht so viel. Erst recht nicht direkt in der Kinofassung.
Nachdem die männlichen Helden also bislang grimm und gruselig waren – und die einzigen weiblichen Figuren „crazy Clown-Bitch“ oder „dancing Apocalypse-Witch“ waren, gibt es nun „Wonder Woman“. Und das ist ein unglaublich angenehmer frischer Wind. Denn lustigerweise wirkt der Streifen, obwohl er während des ersten Weltkrieges spielt, deutlich hoffnungsvoller als das gesamte restliche DC-Programm. Doch alles der Reihe nach …
Die Geschichte der Wunderfrau
Die junge Diana wächst auf der Insel der Amazonen auf, ihre Mutter ist die Königin und möchte sie eigentlich nicht zur Kriegerin erziehen. Doch ihre Schwester sieht das anders und trainiert das Mädchen täglich. Eines Tages stürzt ein Flugzeug auf der Insel ab und der Insasse ist niemand anderes als: ein Mann! Und gleich danach kommen noch mehr Penis-Träger auf die Insel und entfachen eine wilde Actionszene, bei der einige Amazonen das Zeitliche segnen. Diana hört davon, dass ein Weltkrieg die Existenz des Planeten bedroht und erinnert sich an eine Erzählung aus ihrer Kindheit, nämlich dass die Amazonen einst gegen Ares, den Gott des Krieges gekämpft haben. Diana will nicht tatenlos zusehen, nimmt den Mann, von dem sie nun weiß, dass er Steve Trevor heißt und reist zur Welt der Männer, um Ares und somit dem Krieg selbst die Stirn zu bieten!
Die etwas andere Superheldin
Dass der gesamte Streifen, wie eben auch die eigentliche Figur, deutlich mehr in klassischer Mythologie verankert ist, als viele andere typische Superhelden, ist bereits eine nette Abwechslung. Das Setting mit dem 1. Weltkrieg ist darüber hinaus eine inspirierte Wahl für den ersten Kontakt der alterlosen Amazone mit der Welt der Männer. Denn hätte man das Ganze in die Neuzeit verlegt, wäre die Konfrontation der selbstbestimmten Kriegerprinzessin mit dem aktuellen Zeitgeist eher langweilig geworden. Gerade Anfang des 20. Jahrhunderts und dann auch noch in Zeiten des Krieges war die Gleichberechtigung noch nicht ganz so weit wie heute.
Und keine Sorge, ich kann hören, wie hier manche Leser bereits die Augen verdrehen, aber Regisseurin Patty Jenkins schafft es unglaublich charmant diese Elemente in kleine und pointierte Szenen zu verpacken, die nicht mit der Botschaft um sich schlagen.
Generell ist es der Inszenierungsstil von Patty Jenkins, der eines der großen Highlights des Geschehens ist. Anstatt von einer Actionszene zur nächsten zu eilen, nimmt sie sich Zeit, um hier und da den Nebenfiguren etwas Profil zu verleihen. Um die eigentliche Welt real wirken zu lassen, obwohl übernatürliche Wesen herumspazieren. Ihr ist es zu verdanken, dass sich die Superhelden-Elemente harmonisch mit dem restlichen Ambiente vereinen.
Es gibt humorvolle Dialoge, aber auf allzu bemühte Sprüche wurde glücklicherweise verzichtet. So wird das Geschehen konsequent genau im richtigen Maße geerdet, um mit diesem eigenwillig Mix der Versatzstücke Spaß haben zu können.
Charmante inszeniert und gespielt: Die Figuren
Ein weiteres Highlight sind Gal Gadot, Chris Pine und generell die gesamten Schauspieler. Zwar bleiben die Schurken – wie leider bei vielen Heldenstreifen – ziemlich flach, aber das war es dann auch schon. Bis hin zu den Nebenfiguren hochkarätig besetzt wird hier wahrscheinlich jeder Zuschauer einen anderen Favoriten haben. Ebenfalls exzellent gelungen ist die Chemie zwischen Pine und Gadot. Anstatt das Ganze als Liebesgeschichte zu verpacken, gibt es kleinere Momente, welche in diese Richtung gehen, aber es beschränkt sich eben nicht darauf.
Gal Gadots Wonder Woman ist in der Welt der Männer eine Entdeckerin und unglaublich neugierig, aber auch liebevoll. Besonders letztgenannter Punkt unterscheidet sie dabei so extrem von ihren männlichen DC-Kollegen. Wonder Woman ist der erste wirkliche charmante und heldenhafte Charakter, der in dem großen Filmuniversum des Marvel-Konkurrenten auftritt.
Slow-Mo-Action-Weltkriegs-Action-Deluxe
Neben der emotionalen Tiefe sind auch die Actionszenen richtig gut gelungen. Im Ansatz wirken sie wie die Prügeleien in Zack Snyders „Watchmen“, mit ihren Slow-Motion-Momenten, jedoch ist das Timing hier noch etwas besser und die Choreografie zwar nach wie vor eindeutig, aber auch größer angelegt. Wenn Wonder Woman sich durch die Schützengräben des 1. Weltkriegs und ein gesamtes besetztes Dorf kämpft, so kann hier und da schonmal die Kinnlade herunterklappen, ob der zelebrierten Krawall-Großartigkeit.
Dazu ist der Streifen zwar auch durchaus düster von der Farbgebung her – irgendwie muss er ja ins DC-Cinematic-Universe passen – doch hat selbst dabei noch deutlich mehr Farbe als seine cineastischen Kollegen. Die Kriegsszenerien sind bewusst dreckig gehalten, während immer wieder einzelne Sequenzen, die an anderen Orten spielen, voll sind von warmen Farben und knalligen Elementen.
140 Minuten lang und doch etwas vollgestopft
Aber natürlich, etwas Negatives gibt es auch. Denn das Skript von Wonder Woman hat am Anfang und besonders am Ende ein paar Probleme. So wird zu Beginn sehr viel auf einmal erklärt, was man vielleicht auch nach und nach hätte offenbaren können. Doch das Einzige, was schließlich etwas im Kontrast zum ansonsten wunderbar strukturierten Geschehen liegt, sind die finalen 15 Minuten, in die man noch dringend einen Übermenschen-Kampf quetschen wollte. Das Ganze ist durchaus vom eigentlichen Geschehen her – mehr oder weniger – vorbereitet und aufgebaut worden. Aber weil bis dato kaum etwas in dieser Art zu sehen war, wirkt es schon wie ein starker inhaltlicher Schlenker. Zugegeben, vielleicht gibt sich dies mit der zweiten Sichtung, aber fürs Erste erschien es schon etwas holprig.
Wenn dann auch noch zwei wichtige emotionale Momente quasi parallel ablaufen, wünscht man sich wiederum die etwas ausgeglichenere Inszenierung der vorherigen 100 Minuten wieder zurück. Die etwas holprige Gangart des Finales zerstört bei Weitem nicht das eigentliche Geschehen, aber sorgt eben dafür, dass bei der auf jeden Fall folgenden Fortsetzung noch Luft nach oben ist. Oh. Apropos Fortsetzung: „Wonder Woman“ ist auch angenehmerweise komplett in sich abgeschlossen. Kein Sequelbait, kein gar nichts. Wow. Ein Bonuspunkt für diese Zurückhaltung, DC!
Fazit: „Wonder Woman“ ist größtenteils richtig wunderbar. Von den exzellenten und charmanten Darstellern, über die vielen stimmigen kleinen Culture-Clash-Momente, bis hin zur Action: Hier wurde verdammt viel richtig gemacht und wenn „Wonder Woman“ nun – hoffentlich – der Standard für DC-Comicverfilmungen werden sollte, kann man sich nur sagen: Zieh dich warm an, Marvel! DC holt auf! (In drei bis vier Jahren.) Eigentlich wäre wohl eine 7 von 10 die seriöseste Filmbewertung, aber was solls? Gal Gadot ist so charmant und der Streifen lässt mich einfach hoffen, dass es jetzt mit den DC-Streifen bergauf geht. Deshalb: Filmbewertung 8 von 10
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