Es: Kapitel 2
Originaltitel: Es: Chapter 2 – Erscheinungsjahr: 2019 – Regie: Andrés Muschietti
Erscheinungstermin: Ab dem 5. September im Kino
Darsteller: James McAvoy, Bill Hader, Bill Skarsgård, Jessica Chastain, Finn Wolfhard, Sophia Lillis, Jack Dylan Grazer, Jake Weary, Jaeden Martell, Jay Ryan, Javier Botet, u. A.
Filmkritik: ES: KAPITEL 2 ist da und damit der Beweis, das Andrés Muschietti anscheinend doch einfach nur Glück hatte mit dem ersten Kapitel. Der Macher des ziemlich üblen MAMA konnte mit einer großen Ladung Spielberg-Abkupferung und STRANGER-THINGS-Rückenwind einen gelungenen ersten ES-Streifen drehen. Doch als es nun darum ging auf die Zielgerade zu wechseln, stolperte der Gute leider ziemlich.
Dabei beginnt alles sehr intensiv: Ein homosexuelles Pärchen wird von aggressiven Kleinstädtern übel zugerichtet, der Clown taucht auf, Gänsehaut. Das ist alles packend, heftig und mit Abstand das Beste, das ES: KAPITEL 2 zu bieten hat. Denn wenn einmal die erwachsenen Darsteller am Start sind, verwandelt sich der Streifen in … eine Komödie? Gut, hätte man jetzt nicht direkt erwartet. ES: KAPITEL 2 hat mehr gewollte Lacher als viele direkt als Humorstreifen vermarktete Werke der letzten Zeit.
Natürlich ist Nostalgie – um die geht es hier größtenteils – immer etwas durchaus komisches, da man bemerkt, wie sehr doch einstige Probleme im Laufe der Zeit verblassen. Doch das nicht nur Bill Hader, sondern auch generell alle anderen Akteure etliche Sprüche und drollige Interaktionen haben, ist schon verdammt überraschend. Auch die beste Sequenz mit den neuen Akteure – der Besuch beim Chinesen – ist direkt zu Beginn des Films, denn danach macht sich die größte Plage des Streifens breit: die Angst! …
Die Angst vor der Zuschauererwartung
„Oh Shit, die Zuschauer mochten die Kinderdarsteller von Kapitel 1 ja total. Am besten bauen wir deshalb alle zehn bis fünfzehn Minuten Rückblenden mit ihnen ein!“ So in der Richtung war wohl der Gedankengang hinter der absolut zerfahrenen Struktur von ES: KAPITEL 2. Kaum kommen die neuen Schauspieler, schon geht es zurück in die Vergangenheit, um Szenen zu präsentieren, die zur Zeit des Erstlings spielen, die man aber nicht in jenem Film zu sehen bekam.
In einigen Sequenzen macht dies durchaus Sinn, wenn zum Beispiel Elemente für das Finale vorbereitet werden, oder in die Geheimnisse der einen oder anderen Figur eingetaucht wird. Ebenso gab es im Roman immer wieder Vor- und Rückblenden, doch dort war es konstant. Hier im Geschehen gibt es nun – nach einem durchgehend in den 80er-Jahren spielen ersten Teil – nun eben plötzlich ständig neue Sequenzen mit den Kinderdarstellern. So kann man sich kaum an die neuen Akteure gewöhnen, die noch dazu deutlich drögere Erlebnisse haben, als ihre jungen Pendants.
ASH VS … IT?!?
Wenn sich im – gefühlt etwa 80 Minuten dauernden – zweiten Drittel alle Figuren aufteilen, um separat nach Symbolen ihrer Kindheit zu suchen, gibt es einen lauen Staffellauf der Jump-Scares, die deutlich fauler und frequenter sind als noch zuvor. Mehr als jeder zweite Schreckmoment sieht so aus, dass irgend eine Kreatur auf den Kamera zustürmt. Ebenfalls gibt es auch keine auf die Persönlichkeiten abgerichteten Schocks mehr, sondern oftmals müde Monster oder – sogar bewusst innerhalb des Geschehens – auf Lacher hin inszenierte Momente. Einige Male fühlt man sich eher wie in ASH VS EVIL DEAD, als in in einem waschechten Horrorfilm. Wenn ES: KAPITEL 2 Monster-Attacken als Gag verkauft und mit ironischer Popmusik unterlegt … Was war dann nochmal der Grund, wegen dem man Angst haben sollte?!?
Damit es bei all dem Quatsch auch noch etwas Horror gibt, werden sogar einige, komplett für sich stehende Bodycount-Momente serviert. Dabei werden Figuren von „Es“ verschlungen, die kurz auf und direkt wieder abtreten. Doch selbst diese Sequenzen fallen deutlich zahmer aus, als noch im ohnehin nicht sonderlich heftigen Vorgänger. Muschietti scheint etliche Sequenzen komplett planlos abzufilmen und sich keinerlei Gedanken um die Gesamtwirkung des Films zu machen. Natürlich sind viele – wenn auch bei weitem nicht alle – Effekte gut gelungen. Das ist aber bei dem satten Budget auch zu erwarten.
Warum dauert das Ganze fast drei Stunden?
Während beim eigentlichen Geschehen das schnelle und durchaus – und ich kann es kaum glauben, dass ich es schreiben muss – trashige Geschehen unterhält, kommt nach dem Ende des Abspanns die große Frage: Warum zum Teufel dauerte das Ganze jetzt gerade 160 Minuten?!? Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt diese Laufzeit. Wobei, wie gesagt, bei der eigentlichen Sichtung alles so schnell, chaotisch und durchaus unterhaltsam präsentiert wurde, dass es erst im Nachhinein so richtig schmerzlich auffällt.
Es ist schade um die durchaus exzellenten Darsteller sowie einige gelungene Augenblicke, die im Allerlei des Schreckenskaleidoskops immer wieder drohen unterzugehen. Rechnet man dann auch noch einige Gastauftritte und Anspielungen an andere Stephen-King-Titel – manches Mal an den unmöglichsten Stellen – mit ins Geschehen, bleibt nur ein …
FAZIT: ES: KAPITEL 2 macht durchaus Spaß, fällt aber deutlich hinter seinem Vorgänger zurück. Das Geschehen wirkt sowohl unsicher, als auch mit der heißen Nadel gestrickt. Vielleicht kann ja die Andrés Muschietti geplante Integralversion beider Filme – und mit weiteren Szenen – mehr aus dem Material herausholen. Bis dahin gibt es die Bewertung: 5 von 10 Punkte. (Wobei man durchaus bei guter Stimmung einen Gaudi-Trash-Punkt dazurechnen darf. Denn, wie gesagt, manche What-The-Fuck-Momente, Gags und – hoffentlich – unfreiwillige Lacher sind schon ziemlich gut.) Am ehesten kann man ES: KAPITEL 2 mit den TV-Miniserien-Adaptionen anderer King-Werke vergleichen. THE LANGOLIERS oder auch TOMMYKNOCKERS kommen da in den Sinn.
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