Inception

Inception
Originaltitel: Inception Erscheinungsjahr:2010 – Regie: Christopher Nolan


Darsteller: Leonardo DiCaprio, Ken Watanabe, Joseph Gordon-Levitt, Marion Cotillard, Ellen Page, Tom Hardy, Cillian Murphy, Tom Berenger, Michael Caine, Lukas Haas, Tohoru Masamune, Talulah Riley

Filmkritik: Heute war es endlich soweit. Christopher Nolans neuer Film „Inception“(zu Deutsch: „Gründung“) läuft morgen an und die Premiere wurde heute von mir besucht. Nolan, der 2000 mit seinem Meisterwerk „Memento“ bekannt wurde und sich in den weiteren Jahren mit „Insomnia“ und „The Prestige“ und im Blockbuster-Bereich mit „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ einen Namen gemacht hat, bekam von Warner ein stattliches Budget(160 Millionen Dollar) um seine Idee zu verwirklichen. Zwar mochte ich auch Nolans „Batman“-Filme da sich diese eben nicht als reine Effektschlachten verkaufen, sondern eine gesunde Balance zwischen Story, Action und Acting eingingen, doch das diese nun besser sind als die „Batman“-Filme von Tim Burton kann ich nicht sagen und das Nolan in anderen Genres besser aufgehoben ist, hat er denke ich mit den anderen genannten Filmen mehr als bewiesen.
Wie die Idee für „Inception“ genau aussah, war mir bis zum Start des Films nicht klar. Ich habe nach dem ersten Teaser(in dem nicht gesprochen wurde) auf sämtliche Informationen in Wort und Bild verzichtet, um „Inception“ wie einst „Memento“ und „The Prestige“ ohne Vorahnungen zu genießen. Ich hatte also zuvor keinerlei Informationen über die Story und kann dies im Prinzip jedem anderen ebenfalls empfehlen, auch wenn das im Umkehrschluss wohl heißt, dass mein Review von weniger Leuten gelesen wird. Wer hingegen sowieso schon Trailer und/oder Inhaltsangaben kennt, kann auch getrost hier reinschauen. Auf zum Inhalt:

Dom Cobb (Leonardo DiCaprio) ist der beste Dieb auf dem Gebiet der Extraction. Darunter versteht man, einem Menschen Informationen und wertvolle Geheimnisse in einem Traum zu stehlen. Er begibt sich dazu, vornehmlich mit einem Team, in die Tiefen des Unterbewusstseins seines Ziels, während das Opfer selbst träumt bzw. den Traum für die Realität hält.
Cobb ist in der Branche ein gern gebuchter Dieb, doch sein Ruhm hat auch Schattenseiten. Aufgrund des angeblichen Mordes an seiner Frau steht er auf den Fahndungslisten der USA weit oben. Mit Hilfe seiner Arbeit versucht er seine Weste reinzuwaschen, um zurück zu den Kindern seiner Witwe zu können.
Eines Tages sieht Cobb die Möglichkeit sein Ziel zu erreichen. Für den mächtigen Auftraggeber Saito(Ken Watanabe) soll er eine Inception bei einem Konkurrenten(Cillian Murphy) durchführen. Bei dieser höchsten Kunst des Traumdiebstahls wird nichts geklaut, vielmehr wird ein Gedanke Tief ins Unterbewusstsein von einer Person eingepflanzt. Das schwierige daran ist, dass die Person im Traum so gelenkt werden muss, dass sie selber auf den gewünschten Gedanken kommt, da dieser sonst nicht im Unterbewusstsein hängen bleibt. Cobb stellt sogleich ein Team aus Profis zusammen. Cobbs Freund Arthur(Joseph Gordon-Levitt) koordiniert die Abläufe und plant Timings, Ariadne(Ellen Page) konstruiert Träume als perfekte Labyrinthe, Eames(Tom Hardy) kann im Traum jede beliebige Person kopieren und Yusuf(Dileep Rao) versteht sein Handwert des Mischens von starken Sedativen, die einen tiefen Schlaf aber auch ein geplantes Aufwachen ermöglichen. Mit dieser perfekten Truppe scheint es für Cobb beinahe ein leichtes die von vielen als unmöglich verschriene Inception durchzuführen, doch neben den Abwehrmechanismen des Unterbewusstseins holen ihn auch die Geister seiner Vergangenheit immer wieder ein…

„Inception“ gibt sich zunächst als typisches Heist-Movie aus. Wenn die Truppe fescher Typen in den Träumen von Konkurrenten ihrer Auftraggeber rumfuhrwerkt, erinnert das zunächst immer mal wieder an typische Genre-Filme wie „Mission: Impossible“. Pläne wollen ausgetüftelt werden, in Sekunden müssen Entscheidungen getroffen und Fluchtwege auf lange Sicht vorbereitet sein. Träume sind hier von Architekten entworfene Labyrinthe und somit perfekte Spielplätze für Meisterdiebe.
Aber spätestens wenn es an die titelgebende Inception geht, wird dem Zuschauer die ganze Komplexität des Unterfangens bewusst. Um die tieferen Unterbewusstseinsebenen zu erreichen die für eine Inception benötigt werden, müssen Träume in Träumen erschaffen werden. Ist dies noch nicht Komplex genug, muss es für jeden Traum „Kicks“ geben, um aus diesen wieder aufzuwachen. Diese „Kicks“ müssen zeitgleich ausgelöst werden, so, dass man durch alle Traumebenen durch getragen wird und dann schließlich aufwacht. Dazu läuft die Zeit in jeder tieferen Traumebene langsamer. 5 Minuten Echtzeit sind auf Traumebene 1 eine Stunde. 10 Stunden sind auf Ebene 1 somit schon 5 Tage auf Ebene 2 bereits 2 Monate und so weiter. Bei der Inception-Mission wird dieser Faktor durch starke Sedative noch verstärkt.
Nolan erklärt diese ganzen, höchst wichtigen Prämissen mit viel Geduld in der ersten Hälfte von „Inception“. Er ist sich bewusst, dass der Zuschauer dieses Wissen in sich aufsaugen muss, um so auch in den Film aufgesogen werden zu können und sich in die traumhaften Konstrukte hineinzudenken.
Durch die Erklärungen wird die erste Hälfte des Films nicht etwas langweilig, es erscheint einem mehr so als hätte man die blaue Pille geschluckt und treibe sich gerade in Nolans-Gedankenwelt herum. Man merkt, dass sich diese Idee nicht in einem Tag oder in einer Woche ausgedacht wurde. Nolan trägt die Grundidee schon Jahr mit sich im Kopf rum, aber für die Verwirklichung brauchte er die Rückendeckung eines großen Studios und diese hat er sich durch „The Dark Knight“ erarbeitet.

Was an „Inception“ am meisten fasziniert ist wohl, dass dieses gesamte Storykonstrukt so wunderbar funktioniert. Nolan erschafft hier die bewundernswerte Vermischung von Zutaten des Mainstreamkinos mit reichlich Zugabe des Arthouse. Nach außen hin funktioniert der Film auch wunderbar als Sci-Fi-Action-Thriller. Die Action-Sequenzen sind stellenweise bombastisch, aber auch die reinen Schauwerte überzeugen. Da wird Paris wortwörtlich aufgerollt und übereinandergestapelt oder ein Güterzug brettert durch eine amerikanische Großstadt. Doch so richtig packend wird „Inception“ erst, wenn man sich auf die einzelnen Traumebenen einlässt und man sich dort hinein denkt. Derartige Gehinaktivität hat wohl schon seit Jahren kein Sommerblockbuster mehr von seinem Zuschauer verlangt und es ist sicher keine Schande, wenn während des Films mehr und mehr Zuschauer den Faden verlieren, aussteigen und sich nur noch mit den Bildkompositionen begnügen. Ein völliges Durchsteigen durch dieses Konstrukt ist bei der ersten Sichtung nur im Ansatz möglich. Die Antworten und das Ende das an der Oberfläche übermittelt wird, befriedigt und ist durchweg gelungen, aber die wahren Fans und Verehrer eines solch komplexen Drehbuchs und einer solch gut durchdachten Idee, werden „Inception“ wenige Tage später nochmal sehen wollen, und nochmal, und nochmal um jede Mögliche Story auszuloten.

Die Symbiose die Nolan hier schafft geht, wie seine Träume auch, durch mehrere Ebenen hindurch. Er schafft es nicht nur mit der Story(Ebene 1) den Zuschauer zu packen, denn auch Schauwerte(Ebene 2) gibt es reichlich. Durch gut durchdachte Special Effects aber auch einiges an Handarbeit, schafft es „Inception“ das man nur selten hundertprozentig sagen kann was nun echt ist und was CGI(Computertricks). Das Nolan spätestens seit „The Dark Knight“ den Ruf besitzt Legenden auf die Leinwand zu zaubern, weiß wohl jeder Schauspieler in Hollywood. So ist es kaum verwunderlich, dass er seine Wunschvorstellungen in den Hauptrollen besetzen konnte und auch die Nebenrollen mit passenden, herausragenden Darstellern besetzen konnte(Ebene 3). Leonardo DiCaprio als Meisterdieb gibt, wie eigentlich in jedem Film in den letzten Jahren, eine beindruckende Performance ab. Zusammen mit seiner verstorbenen Femme Fatale, bilden er und Oscargewinnerin Marion Cotillard den Dreh- und Angelpunkt von „Inception“. Alle emotionalen Szenen werden einzig über diese beiden Figuren vermittelt. DiCaprio schafft es die nicht gänzlich positive Figur überzeugend ans Publikum zu vermitteln. Der Film zentriert sich voll auf ihn, alle anderen haben sich unterzuordnen. Dies funktioniert, wenn man sich damit abgefunden hat, in der Gänze recht gut, da Nolan durch die Beziehung des Paares die komplexe Geschichte so an den richtigen Stellen immer noch in der Realität behält und mit Emotionen wie Liebe und Verlust jeden Zuschauer ansprechen kann. Die Beziehung des Paares bzw. das Schicksal von DiCaprio hat mich zwar nicht allzu sehr berührt, aber für die richtige Nuance an Spannung und Brisanz, sorgt das Ganze in jedem Fall. Die weiteren Rollen sind ebenfalls gelungen und essentiell für die Geschichte, bleiben charakterlich aber erwartungsgemäß sehr blass, da sich der Film nicht auf diese Figuren ausrichtet. Pessimisten würden hier wohl von „verheizen“ sprechen.
Zu dem ganzen Konstrukt wummert im Hintergrund der unbarmherzige und beindruckend bedrückende Soundtrack von Hans Zimmer(Ebene 4). Erneut, wie schon bei „Sherlock Holmes“, war ich im Abspann etwas erstaunt seinen Namen zu lesen. Zwar ist die Geräuschkulisse nicht so kreativ wie beim britischen Detektiv, aber man merkt, dass sich Zimmer die letzten Jahre kreativ wieder etwas mehr ausgetobt hat, statt für jeden Blockbuster einfach eine andere Version des „Fluch der Karibik“ Soundtracks abzumischen. So kann er gerne weiter machen.

Die Gesamtkomplexität des Werkes zu verstehen wird bei der ersten Sichtung des Films unmöglich gelingen. Dazu ist man auch zu unvorbereitet auf den Film, was in jedem Fall natürlich gut ist und die Überraschung und die Faszination der Geschichte nur noch verstärkt.
Doch „Inception“ hat auch Schattenseiten. Zum einen hatte mir der Film zu viel Bombast und zu viel Action. Nicht nur das einige der Actionszenen an „The Dark Knight“ erinnern, manche wirken einfach, als wären diese nur eingebaut worden damit das Mainstreampublikum auch was zu gucken hat. Das stört, spätestens in der letzten Hälfte, als das Actionfass einfach überläuft, schon ein wenig. Im direkten Vergleich zu früheren Nolan-Werken wirkt auch das Ende ein wenig platt, zu wenig ausgefeilt und ein kleines bisschen wie das typische offene Ende. Die Faszination des Endes von z.B. „Memento“ wird hier nicht erreicht. Die offensichtlichen Parallelen, die die Story zu „The Matrix“ oder „Mission: Impossible“ schlägt, sollte man ebenfalls gekonnt übersehen.

Im Endeffekt sind dies aber nur kleine Ungereimtheiten in einem stimmigen Ganzen. Einen Film mit diesem Budget so radikal zu inszenieren und ab einem bestimmten Zeitpunkt im Film dann voll durchzustarten und alle, die nicht mitkommen können oder wollen, einfach stehen zu lassen, hat schon was für sich. Dabei ist „Inception“ weniger clever aber ungleich komplexer in seinen Strukturen. Der Zuschauer findet kaum bekannte Versatzstücke wieder, kann sich nur selten mit dem Wissen aus anderen Filmen weiterhelfen. Vieles ist einfach neu, auch wenn der Film im Grunde eben einfach nur ein Heist-Movie mit Träumen ist. Wie schreibt ein User in der IMDB so schön: „Inception is to Avatar as The Dark Knight is to Iron Man. Which is to say that it’s not so much that Inception is clever, it’s just that it’s refreshingly not-stupid. It would be nice if all blockbusters were as engaging as Inception.” Und da kann ich ihm nur beipflichten. Für einen Blockbuster-Film ist der Film einfach erfreulich “undumm” und verkauft dem Zuschauer die einfachsten Informationen nicht dutzende Male bis auch der letzte SMS-Tipper im Saal alles kapiert hat. „Inception“ erklärt seine Prämisse und zieht das Konzept voll durch. Richtig so!
Bis zur O-Ton-Sichtung:

Filmbewertung: 9/10

Zweitsichtung(04.12.2010):
Diesmal im O-Ton und mit dem Vorwissen der ersten Sichtung. Gefiel mir noch ein klein wenig besser. Die (zu) reichliche Action im letzten Drittel kam mir nicht mehr ganz so deplatziert vor und man konnte diesmal auf Hinweise achten. Sehr interessant vor Allem, dass mehrmals zu Cob gesagt wird er solle in die Realität zurück kommen(sagt u.a. Michael Caines Figur).
Verträgt auf jeden Fall noch einige weitere Sichtungen, die definitiv noch kommen werden. Bleibe bei:
9/10