Pirates Of The Carribean – Fremde Gezeiten
Originaltitel: Pirates Of The Caribbean: On Strangers Tides – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Geoff Murphy
Darsteller: Johnny Depp, Penélope Cruz, Geoffrey Rush, Ian McShane, Stephen Graham, Gemma Ward, Richard Griffiths, Sam Claflin, Astrid Berges-Frisbey, Keith Richards, Kevin McNally, Judi Dench u.A.
Filmkritik: Johnny Depp ist ja nun anscheinend der teuerste, aber sicherste Effekt der Welt: Hat er vorher schon solchen Schnarchern wie Burtons „Alice im Wunderland“ zu großem Einspiel verholfen, gibt es nun ein Team-Up mit dem Aspekt, der auch „Alice“ weiter geholfen hat: 3D. Zusätzlich ist dies natürlich die „lang erwartete“ Fortsetzung der Reihe um trottelige Piraten und fiese Fantasymonster namens „Fluch der Karibik“. Oder „Pirates Of The Caribean“, je nachdem was sich die Titelschmiede gerade wieder aus dem Allerwertesten gezogen hat.
Und bislang sieht es aus, als würde die Depp 3D-Formel auch beim vierten Teil der Serie ziehen, am restlichen Film kann es nicht wirklich liegen. Die unmotivierte Jagd nach der Quelle der ewigen Jugend ist zwar ein deutlich stringenterer Film geworden als noch seine beiden „Trilogie beendenden Vorgänger“, hat aber auch ebenso so gut wie keine richtigen Highlights zu bieten. Dafür aber furchtbares 3D.
„Wieso warst du überhaupt in dem Kloster?“ –„Ich hab es für ein Bordell gehalten!“
Der alte Jack Sparrow-Charme leistet nach wie vor gute Dienste, besonders wenn es darum geht mit dem holden Geschlecht, hier in Form von Penelope Cruz, zu interagieren. Die trifft der Rumliebhaber kurz nach seinem Ausbruch aus dem britischen Verließ und wacht kurz darauf an Bord von Blackbeards Schiff auf, der ebenfalls auf der Suche nach dem geheimnisvollen Ort ist. Gleichzeitig sind auch Gibbs und Barbossa aus den Vorgängern auf der Jagd nach dem Jungbrunnen, Barbossa selbst hat sogar noch eine Rechnung mit Blackbeard offen. So weit, so das Set-Up, dass gleichzeitig auch noch Spanier als dritte Partei in den Mix wirft, um noch mehr Actionpotential zu haben. So weit, so gut. Wird irgendwas aus diesen Vorraussetzungen gemacht? Nicht wirklich…
Depp ist nach wie vor unterhaltsam als vertrottelter Pirat mit dem Glück auf seiner Seite, Geoffrey Rush stiehlt ihm erneut oftmals die Show und… tja, das war es dann eigentlich. Cruz darf rumlaufen und nett aussehen, der magische Blackbeard samt Zombie-Helfer(!) werden komplett verschenkt. Da gibt es eine Szene mit verhexter Takelage und einmal darf ganz in der Tradition von Teil 1 ein Untoter ein Schwert mit dem Körper abfangen, um seine relative Unverwundbarkeit zu demonstrieren und…
…das wars. Ein paar Schwertgefechte später sind auch schon 140 Minuten vorbei und viel mehr gibt es nicht zu sehen. Eigentlich. Bis auf Meerjungfrauen und einen unmotivierten Nebenplot.
„Alle Seelen kann man retten. Aber bei deiner halte ich es für sehr unwahrscheinlich!“
meint der junge Pfaffe zu Blackbeard, der mysteriöserweise einfach die erste Hälfte des Films in der Takelage des Schiffs von Mr. Schwarzbart hängt. Danach macht er aber auch nicht viel mehr, als innerhalb von dreieinhalb Szenen eine Liebesgeschichte mit einer Meerjungfrau zu entwickeln. Dabei ist vor allem das Problem, dass die Figuren hier nicht ansatzweise entwickelt werden. Um es ernst zu nehmen und emotional involviert zu werden, bräuchte es charakterlichen Unterbau, aber den bekommt der Zuschauer vor den paar Mini-Liebesgedöns Szenen eben auch nicht präsentiert. Es wirkt ganz so, als hätte man all das für den Fall eingebaut, dass einige Besucher das Bloom/Knightley -Geschmachte aus den Vorgängern vermissen. Also frühstückt man schlicht in wenigen Szenen die sich um Charisma-Blackhole Sam Claflin als Priester gehende Liebesgeschichte ab, bei der maximal die hübsche, französische Schauspielerin Astrid Berges-Frisbey als vampirzahnige Nixe im Gedächtnis bleibt. (Und, ja, böse Zungen können auch gerne etwas Twilight-iges in all diese fauchenden Eckzahnschwingermeerjungfrauen und verliebte, keusche Bibelboys reininterpretieren, aber im Gegensatz zu hier hat bei „Twilight“ die Romanze zumindest irgendwohin geführt…)
Dass dieser romantische Nebenpart dann nämlich relativ unmotiviert endet, hat beim vierten „Fluch der Karibik“ aber anscheinend System. Generell wird oftmals über die vor sich liegenden Hindernisse so viel Trara gemacht, meist in Form von mal mehr, mal weniger gelungenen Späßchen, so dass nachher die anderthalb Minuten Kampf, Flucht oder Meerjungfrauen-Angeln nicht mehr wirklich imposant wirken. Besonders nicht nach dem, was man schon in den beiden vorherigen Teilen bislang sehen konnte.
Ob jetzt Depps Gage zu viel des Budgets geschluckt hatte, oder ob die Köpfe der Drehbuchautoren einfach leer waren darf diskutiert werden, aber insgesamt geht diesem Teil viel phantastischer Charme der Vorgänger ab und verliert mit weiterer Laufzeit immer mehr Unterhaltungswerte.
„We Come From The Land Of Cheap Plot Devices!“
könnten die Spanier dann auch eigentlich sagen, denn für einen 140 minütigen Film ist es schon ein starkes Stück, dass eine von drei Parteien dieser Schatzsuche eigentlich gar nicht beleuchtet wird, sondern immer dann auftaucht, wenn die Autoren sich wohl gerade wieder in eine Ecke geschrieben haben. „Also, wir haben hier diesen prophetischen Typen auf See, aber alle unserer Charaktere sind gerade an Land, also wer findet ihn? –„Die Spanier!“; „Wir brauchen irgend jemanden, gegen den die Piraten nun im Dschungel antreten können?“ –„Spanier!“; „Und überhaupt brauchen wir jemanden, der am Ende eine Countdown-ähnliche Funktion im Film übernimmt?“ –SPANIER!“
Aber das ist nur ein weiterer Tropfen auf dem heißen Stein der Belanglosigkeit, den „Fluch der Karibik 4“ darstellt. Witzigerweise wirken die „Fremden Gezeiten“ hier so unglaublich Teil 2-ig, ganz so, als hätte man einige Jahre gewartet und statt einer Trilogie sofort diesen lahmen Nachschlag serviert, der verschiedenen Elemente des Erstlings variiert, nur eben mit deutlich weniger Charme, Esprit, Schmackes, Zunder oder wie immer man es nun auch nennen will. Depps Sparrow ist nach wie vor unterhaltsam, ebenso Geoffrey Rush und wenn man dem Film eine Sache lobend erwähnen kann, dann, dass er bei seiner Laufzeit von 140 Minuten Länge nicht langweilig wird. Auch wenn man sich nachher wohl ernsthaft bemühen muss sich irgendwelche Highlights ins Gedächtnis zu rufen.
Alles in Allem ist Depp also auf jeden Fall sein Geld wert, denn wenn eben der Film doch ein Erfolg wird, dann wegen ihm und der Tatsache, dass Jack Sparrow schon längst aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken ist.
Filmbewertung: 6/10
Außer, man schaut sich den Film in 3D an, denn dann muss auf jeden Fall noch ein Punkt abgezogen werden, da Teil 4 nun wohl eine der schlechtesten Konvertierungen ist, die es bislang ins Kino geschafft haben. Erinnern sich vielleicht geneigte Kinogänger an den phantastisch aussehenden 3D-Trailer zum Film? Ja? Sehr schön, denn der macht auf zwei Minuten mehr her, als „Pirates Of The Carribean“ in 140 Minuten. Dabei ist wohl die Konvertierung gar nicht so übel, doch irgendwas muss wohl beim Umkopieren falschgelaufen sein, so dass das Bild nun mindestens 50% dunkler ist als es sein sollte und viele Tiefeneffekte nun einfach in einem dunklen Farbenmatsch absaufen. Ab und an gibt es trotz allem noch nette Effekte zu bestaunen, aber mit grob 15 netten Effekten auf 140 Minuten ist nun definitiv kein Preis zu gewinnen. So sei Ausnahmsweise für „Pirates Of The Carribean: Fremde Gezeiten“ zur 2D-Fassung geraten, denn dort bekommt man dann neben ordentlichen Farben sogar etwas Karibik-Flair, anstatt das der Bildschirm selbst bei großem Sonnenschein so wirkt wie ein wolkenverhangener Nachmittag Anfang November.
Neueste Kommentare