Verblendung
Originaltitel: The Girl with the Dragon Tattoo – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: David Fincher
Darsteller: Daniel Craig, Rooney Mara, Stellan Skarsgård, Christopher Plummer, Robin Wright, Goran Visnjic, Embeth Davidtz, Joely Richardson, Joel Kinnaman, Elodie Yung, Julian Sands, Steven Berkoff
Filmkritik: Dem Stockholmer Journalisten Mikael Blomkvist (Daniel Craig) aufgrund einer politisch brisanten Enthüllungsstory die er im Magazin seiner Lebensgefährtin veröffentlicht hat der Prozess gemacht. Er verliert neben seinem tadellosen Ruf auch seine gesamten Ersparnisse. Um der öffentlichen Demütigung zu entgehen, nimmt er leicht verzweifelt den Auftrag des Großindustriellen Henrik Vanger (Christopher Plummer) an, das über 40 Jahre zurückliegende Verschwinden seiner Nichte Harriet aufzuklären. Vanger verdächtigt ein Mitglied seiner Großfamilie Harriet ermordet zu haben. Bei der Recherchearbeit bekommt Blomkvist erwartet Hilfe von der jungen Hackerin Lisbeth Salander (Rooney Mara). Die seit ihrer Kindheit schwer traumatisierte Salander zeigt keine Skrupel, auch illegale Methoden anzuwenden und bringt mit ihrer unorthodoxen Vorgehensweise frischen Wind in Blomkvists zuweilen stockende Ermittlungen. Die beiden kommen so einem in den 1950er Jahren wütenden Serienmörder auf die Spur, der in irgendeiner Form mit dem Vanger-Klan in Verbindung zu stehen scheint …
Die Erwartungen an David Finchers neusten Film waren zu Recht erstaunlich hoch. Umso überraschender kamen da die News, dass sein neuster Film „nur“ ein Remake des überaus erfolgreichen Schwedischen Films „Män som hatar kvinnor“ bzw. „Verblendung“ werden sollte. Fincher und ein Remake? Wieso das denn?
Die Skepsis war dann aber spätestens mit dem ersten Teaser-Trailer zum Film begraben, der mit schnellen Schnitten und einer interessanten Cover-Version von Led Zeppelins „Immigrant Song“ daher kam und den Zuschauer völlig weggeblasen hat. Der Euro-Thriller, der mit seiner TV-Optik evtl. dem ein oder anderen nicht so gut gefiel, wurde von Fincher zu einem noch etwas düstereren und schmutzigeren Werk verwandelt.
Trotzallem merkt man über einen längeren Zeitraum den der Film läuft zunächst nicht, wieso ausgerechnet dieser Stoff in den letzten Jahren so lange und oft im Gespräch war. Die Story wirkt zunächst unentschlossen und etwas planlos. In einer Parallelhandlung folgt man der vermeintlichen Main-Story, nämlich den Ermittlungen von Mikael Blomkvist. Parallel sieht man allerdings immer wieder Szenen aus dem Leben der verstörenden Lisbeth Salander. So ganz scheinen beide Geschichten nie zusammen zu passen und die Berührungspunkte sind auch kaum vorhanden. Doch unaufhaltsam nähern sich die Geschichten einander an und nach etwas über einer Stunde ist eines der interessantesten, weil extrem ungleichen Kriminalduos erschaffen. Daniel Craig und Newcomerin Rooney Mara sind ein derart grundverschiedenes Pärchen, das man sich auf eine schräge, verquere Art und Weise trotzdem direkt bei den beiden heimisch fühlt.
Bis zu diesem Zeitpunkt und auch im weiteren Verlauf ist „The Girl with the Dragon Tattoo“ zwar konsequent spannend aber dabei auf eine schräge Art und Weise erstaunlich Handlungsarm.
Die Story rund um Maras Figur war letztlich nur dazu da, der Figur den richtigen Drall zu geben und unmissverständlich klar zu machen, aus welchem Holz sie geschnitzt ist. Craigs Handlung hingegen verläuft bis dahin in recht konventionellen Bahnen, wenn man mal von dem Umstand absieht das jede Figur die er trifft den Eindruck erweckt als wären dutzende Leichen im Keller begraben.
Hochklassigkeit in der Erzählung will sich aber über lange Zeit einfach nicht einstellen, was wohl in erster Linie dem Ausgangsmaterial, also dem Roman von Stieg Larrson geschuldet ist. Der Film erschrickt den Zuschauer mit plötzlicher Gewaltdarstellung in Form einer brutalen Vergewaltigung um kurz darauf diese Szene mit einer noch brutaleren Rache-Sequenz zu toppen. Zudem sieht das Werk, Fincher-Typisch einfach exzellent bebildert aus und hört sich auch, durch die erneute Zusammenarbeit mit Ex-„Nine Inch Nails“ Musiker Trent Reznor, stark an.
Der Zuschauer wird durch konsequenten Spannungsaufbau, gutes Schauspiel und ein wahrscheinlich sehr überraschendes Ende bei der Stange gehalten, was über die extrem lange Laufzeit des Stoffes von über 150 Minuten, auch erstaunlich gut funktioniert. Kurzweil vermittelt Fincher eben gekonnt wie eh und je.
Umso enttäuschender kommt dann allerdings das eigentliche Ende daher. Die Story um Blomkvists Ermittlungen findet nach rund 130 Minuten ein jähes und im Endeffekt auch recht unbefriedigendes Ende. Was folgt ist ein viel zu lang geratener Epilog, der im besten Fall wohl die Weichen für den zweiten Teil stellen soll, denn zur Story von „The Girl with the Dragon Tattoo“ wird nur noch herzlich wenig beigetragen.
Was am Ende übrig bleibt ist die enorm hohe Grundspannung des Films, die zumindest bei der Erstsichtung vorhanden ist und die konsequent erstklassige Inszenierung des Regie-Virtuosen David Fincher.
Daniel Craig hält sich neben Rooney Mara geschickt zurück und überlässt ihr immer dann die Bühne wenn es drauf an kommt. Will heißen, auch Schauspielerisch bekommt man, nicht zuletzt auch durch Nebenrollen wie Christopher Plummer, einiges geboten.
Ob Fincher sich allerdings einen Gefallen damit tut die beiden Nachfolger auch noch zu inszenieren wird sich zeigen. Denn besonders die eigentliche Qualität der Erzählung bleibt hinter den meisten anderen seiner Arbeiten ein Stück zurück. Doch allein für ein derart stylisches Intro wie in diesem Film muss man Fincher lieben.
Filmbewertung: 8/10
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