Glass

GLASS
Originaltitel: Glass – Erscheinungsjahr: 2018 – Regie: M. Night Shyamalan

Erscheinungstermin: Ab dem 17. Januar 2019

Darsteller: James McAvoy, Bruce Willis, Samuel L. Jackson, Anya Taylor-Joy, Sarah Paulson, Spencer Treat Clark, Luke Kirby, Rob Yang, Adam David Thompson, Jane Park Smith, Charlayne Woodard, Kyli Zion, u. A.

Filmkritik: Ein „Cinematic Universe“ zu haben ist heutzutage ja ziemlich in. Umso interessanter ist jedoch, dass M. Night Shyamalan durch seinen letzten Film SPLIT ganz locker ein solches aufgezogen hat, ohne dass man groß im Vorfeld davon wusste. Zusammen mit UNBREAKABLE ist es nun Teil des, tja … „Shyamalan-Super-Hero-verse“? Wie dem auch sei: Mit GLASS gibt es nun einen Streifen, der die Figuren beider Werke zusammenführt und gleichzeitig als Fortsetzung beider Werke und als Abschluss einer Trilogie funktionieren soll. Ziemlich viel auf einmal, oder?

Die Rechnung: Glass = 1/2 Split + 1/2 Unbreakable

Es gibt zwei große Probleme bei GLASS: Die erste Hürde, die Shyamalan anscheinend nehmen will, ist, dass er nun seinen dritten Teil so angelegt hat, dass er von Leuten geschaut werden kann, die keinen oder nur einen der vorherigen Teile gesehen haben. Dies bedeutet im Klartext: So einiges von UNBREAKABLE und SPLIT wird aufgewärmt.
Im Großen und Ganzen ist das an und für sich nicht schlimm, sorgt allerdings dafür, dass, nachdem alle Figuren nun einmal gemeinsam in einer Psychiatrie stecken, plötzlich für einen Großteil der Handlung – die psychologische Analyse der angeblichen Übermenschen – gar nicht mehr so viel Zeit ist.

Das Konzept an sich ist klar: Eine Psychologin soll die Prota- und Antagonisten durchleuchten und ihre Superfähigkeiten erklären. Clever ist, wie Shyamalan sich aus der Situation herauswindet und damit einen so überraschenden wie packenden dritten Akt einläutet. Weniger schön ist, dass die eigentliche Prämisse des gesamten Streifens eher wie eine Tarnung für den eigentlichen Zweck des Streifens wirkt.
Das klingt kryptisch? Aber sicher doch, denn hier wollen wir dann doch nicht zu viel verraten. Denn Shyamalan ist definitiv auf alte Twist-Bahnen zurückgekehrt!

Erklärungen: Bis zum Erbrechen und darüber hinaus

Das zweite große Problem bei GLASS ist noch gravierender als die inhaltliche Unausgewogenheit. M. Night Shyamalan hat ja immer schon gerne mal etwas zu viel erklärt, damit der Zuschauer auch ja alles versteht. Doch bei GLASS wirkt es teilweise so, als würde er den Zuschauer für komplett Grenzdebil halten. Es ist eine Sache, wenn sich der titelgebende Samuel L. Jackson Charakter über die Verwirklichung von Comic-Klischees in der Wirklichkeit freut und diese benennt.

Es ist eine ganz andere Sache, wenn GLASS ernsthaft kurz eine Pause macht um dem – anscheinend aus dem Mund sabbernden, einzelligen Zuschauer – zu erklären, was ein Showdown ist. Ja, richtig gelesen: Shyamalan traut seinem Publikum nicht zu das Wort „Showdown“ zu kennen. In 2019. Nach 20 Jahren Superhelden-Mania in den Lichtspielhäusern.
Ganz zu schweigen davon, dass der Begriff ein Allgemeinbegriff ist, der jedem bekannt sein sollte, der in seinem Leben mehr als zwei oder drei Geschichten gehört, gelesen oder gesehen hat. Diese – besonders im letzten Drittel – sich leider häufenden Momente, in denen der Regisseur und Autor anscheinend mit Gewalt sicherstellen will, dass jedes Wort verstanden wird, fühlen sich teilweise wie Panik an. Frei nach dem Motto: Shyamalan wurde immer unterstellt konfuse Sachen zu machen, also erklären wir es jetzt mal lieber bis zum Erbrechen und darüber hinaus.

Der Twist: Shyamalan kehrt zu seinen Wurzeln zurück

Jetzt die gute Nachricht: Wer sich nicht allzu viel darüber aufregt, dass ihm etliche Elemente vorgekaut werden, der bekommt ein unebenes, aber packendes Thriller-Drama serviert. Die Gefühlsebene von GLASS funktioniert durchgehend gut und wenn dann das letzte Drittel den Fuß vom Gaspedal lässt, dann werden gekonnt Erwartungen unterwandert und Geheimnisse gelüftet.
Alle Darsteller machen ihre Sache super, was bei McAvoy und Jackson ohnehin gegeben ist, aber sogar Bruce Willis wacht zwischendurch mal auf und macht so etwa wie Schauspielerei. Das man so etwas von dem faulen Bruce noch zu sehen bekommt, ist doch auch mal etwas.

Ansehen? Nur, wenn man die anderen Teile kennt

Im Endeffekt ist GLASS definitiv eine empfehlenswerte Sichtung für alle, die die Vorgänger mochten und wissen möchten, wie es mit ihren Charakteren weitergeht. Ohne die anderen Teile gesehen zu haben, sollte man aber die Finger von diesem Streifen lassen. Ja, man kann ihn auch für sich alleinestehend schauen und wahrscheinlich sogar Spaß damit haben.
Doch die vielen Verknüpfungen, Querverweise und sogar kleinen Gastauftritte, die Syhamalan in den drei Filmen eingebaut hat, entgehen einem ansonsten natürlich komplett. Auch hilft es mit den Figuren bereits vertraut zu sein, da GLASS eben sehr viel Wiedereinführung sehr schnell betreibt, weshalb man sich natürlich nicht so sehr in die bereits bekannten Charaktere einfühlen kann, wie bei einem normalen Werk. So gibt es die Filmbewertung: 6/10 und wer ein Herz für Shyamalan hat und ein Auge zudrücken kann, was die Deppen-Erklärungen angeht, der kann sicherlich noch einen kleinen Punkt draufrechnen.

Gerade nach GLASS bleibt es spannend, ob M. Night sein „Shyamalan-Super-Hero-vers“ noch einmal besuchen wird, denn das Ende … aber, nein, dafür sollte man den Film dann doch selber sehen. Denn gerade im Kontext mit der aktuellen Superhelden-Welle bietet GLASS einen durchaus konträren, aber umso interessanteren Ansatz, wenn es um Übermenschen geht.