Lincoln

Lincoln
Originaltitel: Lincoln – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Steven Spielberg



Darsteller:
Daniel Day-Lewis, Joseph Gordon-Levitt, Tommy Lee Jones, John Hawkes, Michael Stuhlbarg, Jackie Earle Haley, Jared Harris, Sally Field, Lee Pace, James Spader, David Strathairn, Julie White u.A.

Filmkritik: Es ist schon etwas tendenziell, wenn uns als erstes auffällt, dass Bruce McGill, seines Zeichens Film- und Serienveteran, nicht nur hier eine wichtige Rolle spielte, sondern zuvor in der „Biografie“ (mit großen Anführungszeichen) rund um „American Badass“ Franklin Delano Roosevelt mitgespielt hat, wo er noch derbe Sexwitze vom Stapel lies? Ja, dies zeigt nicht nur, was wir beim Moviegeek hier für verrückte Filme schauen, sondern auch, dass es zu „Lincoln“ vom guten alten Steven Spielberg erschreckend wenig zu sagen gibt.

Anhand der letzten paar Monate in Lincolns Leben und dessen Kampf um die Freiheit für die Schwarzen wird hier nicht nur etwas Licht darauf geworfen, wer denn der Mann hinter dem Zylinder und dem Bart war, sondern ebenfalls ein gelungenes Sittengemälde der damaligen Zeit entworfen. Spielberg arbeitet nicht nur mit fantastischen Darstellern (den x-ten Oscar bitte für Mr. Day-Lewis!), hat eine ausgezeichnete, flüssige Kameraführung, sondern bedient sich gekonnt bei einigen Elementen des Gerichtsfilms um Struktur und Spannung in das Geschehen. Mit anstehender Deadline, Verraten und allem drum und dran.

Derweil fällt einzig negativ auf, dass Spielberg mal wieder nicht auf seiner leider in letzter Zeit anerzogenen Alt-Herren-Romantik verzichten kann und manches Mal einen Tick zu melancholisch wird. Dies jedoch wird auch inhaltlich dadurch abgefedert, dass wir es hier eben mit einem alten Lincoln zu tun haben. Einem Lincoln, der bereits ein Kind verloren hat, sich Sorgen um das Wohlergehen des Anderen macht und wegen seiner nach außen hin kühlen Fassade des Öfteren mit seiner Frau aneinander gerät. Da passt etwas Melancholie natürlich wie die Faust aufs Auge.
Aber vielleicht liegt es auch daran, dass eben viele Stationen in Lincolns Leben hier in der Rückschau erzählt werden, der Zuschauer den bärtigen Präsidenten bereits kennen lernt, als dieser eben schon ein bärtiger Präsident ist. Auf der anderen Seite schafft Spielberg mit seinem ruhigen Inszenierungsstil so ein toller Porträt des Menschen Lincoln und weniger von dessen Taten. Musik und Kameraführung ordnen sich dann diesem Aspekt auch stets unter, denn wenn man eben Daniel Day-Lewis hat, der mal wieder wunderbar vor Augen führt, warum er einer der besten Darsteller seiner Generation ist und dann auch noch mit der Rolle des Lincoln betraut wurde, welcher ohnehin gerne Geschichten erzählte um seinen Standpunkt klar zu stellen, dann braucht man von der Inszenierung her auch nicht mehr viel machen. Außer eben Zurückhaltung zu zeigen und die Darsteller machen zu lassen. Spielberg ist dies bewusst. In diesem Sinne gibt es sicherlich noch viel mehr über die Taten und die Geschichte Lincolns zu sagen (ganz zu schweigen von dessen Vampirjägerzeit). Wer allerdings ein klares Bild von dem Mann hinter den Taten vor Augen geführt bekommen möchte, der liegt bei „Lincoln“ goldrichtig. Vielleicht sogar Oscar-goldrichtig?!?

Filmbewertung: 8/10

C4rter hatte vor der Oscar-Verleihung noch nachgeholt:

Doch so ganz kann mich nicht das „gewisse etwas“ packen, dass dem Kollegen die 2,5 Stunden im Film versüßt haben. Zu verklärt der Blick auf die Figur Lincoln, der in den meisten Szenen als „weise Geschichten Opa“ daherkommt, sich immer passend zur Kamera dreht wenn die anderen Leute in der Szene nicht mehr weiter wissen und diese dann mit einer Geschichte von Früher auf die richtige Spur verhilft. Das wird in der Regel derartig unspannend umgesetzt und ohne wirkliche Höhepunkte abgeklappert, das man sich mit fortschreitender Handlung mehr und mehr durch den Film leidet. Einzig Daniel Day Lewis weiß in „Lincoln“ wirklich herauszustechen und seine Darstellung ist erneut mehr als beeindruckend. Gestik, Mimik, Stimme, Gang, alles scheint wirklich perfekt abgestimmt zu sein und wirkt wie aus einem Guss. Das kann man vom Rest des Films allerdings leider nicht sagen. Spielberg hat irgendwann verlerent seine Filme auch weiterhin unterhaltsam oder wenigstens schauenswert zu machen. Das war das Problem bei „War Horse“ und das ist auch das Problem bei „Lincoln“. Geschichtsstunde der extrem trockenen Sorte ohne Ecken und Kanten. Nicht ganz zu Unrecht bei den Oscars quasi leer ausgegangen.

Filmbewertung: 6/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 7/10