Rolling Thunder – Der Mann mit der Stahlkralle

Der Mann mit der Stahlkralle
Originaltitel: Rolling Thunder – Erscheinungsjahr: 1977 – Regie: John Flynn



Darsteller:
William Devane, Tommy Lee Jones, Linda Haynes, James Best, Dabney Coleman, Lisa Blake Richards, Luke Ascew, Lawrason Driscoll, James Victor, Cassie Yates, Jordan Gerler, Jane Abbott u.A.

Filmkritik: Das Genre des „zurückgekehrter Vientman-Veteran“-Racheactioners war ziemlich groß Ende der 70er, Anfang der 80er. Wer erinnert sich schon nicht an „Missing In Action“ oder natürlich das Paradebeispiel „Rambo“. Letztgenannter schaffte es sogar entgegen der allgemeinen Meinungen einen durchaus differenzierten Blick auf das kaputte Innenleben seines Protagonisten zu werfen. Wenn man dies allerdings noch auf die Spitze treibt, dann erhält man den „Mann mit der Stahlkralle“.

Gerade zurück nach sieben jähriger Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte Major Rane muss sich nicht nur mit seinem entfremdeten Sohn, sondern auch seiner Frau auseinandersetzen, welche in der Zwischenzeit eine neue Beziehung, dieses Mal mit einem Cop, angefangen hat. Rane selbst ist ziemlich abgestumpft und lebt in seiner Gartenlaube. Diese erinnert ihn nämlich (in einer genial eingefangen Sequenz eindrucksvoll bebildert) an die engen Grenzen seiner Zelle. Auch hat seine Methode die Folterungen zu überstehen, indem er sich bemühe „seine Folterer zu Lieben“ sichtlich emotionale Schäden hinterlassen, was eine geniale Szene zwischen ihm und dem neuen Freund seiner Frau packend illustriert. Dort lässt Rane sich nämlich so fesseln wie zu seiner Gefangenschaft und lotet die Grenzen seines nicht im Krieg gewesenen Konkurrenten kurz und großartig aus. Allein die erste halbe Stunde besteht aus so vielen diskutierbaren und intelligenten Szenen, dass es einfach eine Freude ist. Ganz abgesehen von der zurückgenommenen, aber immer wieder mit originellen Eigenheiten überraschenden Inszenierung.

„Taxi Driver“ lässt grüßen!

Der im Original „Rolling Thunder“ betitelte Streifen ist genau wie „Taxi Driver“ von Paul Schrader (mit)geschrieben worden und die parallelen sind unübersehbar. Die immer weiter vorangetriebene Entfremdung der Hauptfigur, die durch eine Frau repräsentierte Möglichkeit zur Erlösung, für die es allerdings ohnehin bereits viel zu spät ist und natürlich der abschließende Amoklauf, der in „Rolling Thunder“ sogar noch grimmiger daher kommt als beim De Niro-Klassiker. Wo Letzterer dann durch Zufall als Held gefeiert wird, gibt es für Rane und seinen besten Freund Johnny Vhoden nur die Leere. Johnny, ebenfalls mit Rane in Kriegsgefangenschaft gewesen und gespielt von einem noch ziemlich jungen Tommy Lee Jones, wird zwar nicht wie sein Freund von Gangster überfallen, die seine Hand in den Müllzerkleinerer packen, bevor sie dessen Frau und Kind erschießen, doch auch er ist innerlich tot und scheinbar zu keiner sozialen Interaktion mit seiner Familie mehr fähig.

„What The Fuck You’re Doing?“ – “I’m gonna kill a bunch of people!”

Zum Finale steht Rane mit seiner Hakenhand, Gardeuniform und einer Tasche voller Waffen vor der Tür und Johnny geht sofort los, zieht ebenfalls seine Uniform an und meint mit der Tasche voller Waffen in der Hand zu seinem Vater, dass es dieses Mal etwas später werden könnte. Erst als Rane mit seinem Amoklauf beginnt, dem auch seine Peiniger zum Opfer fallen werden, huscht ein Ausdruck der Freude und Erregung über Tommy Lee Jones Gesicht. Selten wurde das Thema des innerlichen Toten Vietnamheimkehrers, welcher von der Gesellschaft zu weiteren Kriegstaten getrieben wird packender angegangen.

Natürlich darf man keinen Action-Overkill erwarten, darum geht es hier aber eben auch nicht. An vielen Stellen meint man als Zuschauer zu wissen wohin der Hase läuft, nur damit „Rolling Thunder“ gerade in solchen Momenten den Betrachter ins Straucheln bringt durch etwas vollkommen überraschendes. Etwa das Schicksal des Polizisten, der ein Verhältnis zu Ranes Frau hatte, ist so ein Fall oder auch die Beziehung zwischen Rane und der von Linda Haynes gespielten Frau, die sich als „Groupie“ von Rane bezeichnet und diesen wieder im hier und jetzt verankern will.

Dass Regisseur John Flynn neben diesem Werk unter anderem auch noch mit „Deadly Revenge – Das Brooklyn-Massaker“ den besten Steven Seagal-Film inszeniert hat, klingt dann am Ende nur logisch. Die grimmige Attitüde der Inszenierung, durch die man beinahe die gammeligen Straßenecken und den Smog beinahe riechen kann, findet auch bei „Rolling Thunder“ ihre Entsprechung. Kühl, distanziert, aber trotzdem involvierend ist „Der Mann mit der Stahlkralle“ eigentlich ein Muss für alle Fans des klassischen Actionkinos im Speziellen und schlicht extrem gut gemachte Filme im Allgemeinen.

Das Bonusmaterial der Koch Media-Blu-Ray ist auch mit Audiokommentaren und Interviews ziemlich üppig ausgefallen. Sogar ein von Eli „Hostel“ Roth kommentierter Trailer der „Trailers From Hell“-Seite ist enthalten. Dort dichtet Roth dem Streifen zwar auch noch eine Vergewaltigung an die gar nicht stattfindet, aber sorgte mit dem Zitat, dass dies einer von Quentin Tarantinos Lieblingsfilmen sei wohl für zusätzliche Veröffentlichungswahrscheinlichkeiten. Eine Belobigung von Cinema-Zar Tarantino hat noch so manchen leider zu unrecht vergessenen oder hierzulande wenig beachteten Streifen in die Verkaufsregale gehievt.

Wie das Fazit ausfällt dürfte klar sein, deshalb kommen wir einfach ohne Umschweife zur

Filmbewertung: 9/10